Zum 150. Todestag von Heinrich Heine - Teil 2

Heine - der freie Geist

Heinrich Heine verstand sich als Schriftsteller, der aktiv in die sozialen und politischen Zustände seiner Zeit eingriff. Er war ein engagierter Intellektueller, der von den Herrschenden in Deutschland wegen seiner Attacken zensuriert und verfolgt wurde.

Heinrich Heine verstand sich als "freier Geist", der die sozialen und politischen Missstände seiner Zeit mit den Mitteln der Satire bekämpfte. Keck waren auch zahlreiche Passagen der "Harzreise", die Heine als ersten Teil seines Projekts "Reisebilder" 1826 veröffentlichte.

Er beschrieb Eindrücke einer Fußwanderung im Geiste der Romantik; Heine verfasste keine Reisbeschreibung im üblichen Sinn, sondern schilderte seine höchst subjektiven Wahrnehmungen, Einfälle und Assoziationen.

Kritik an Goethe

Die Herzreise führte Heine auch nach Weimar, wo er Johann Wolfgang von Goethe traf, der sich ihm gegenüber als sehr reserviert erwies. Heine beschrieb Goethe als einen "mumienhaften Greis mit gelbem Gesicht" und kritisierte die "Kunstbehaglichkeit des großen Zeitablehnungsgenies", die "einen quietisierenden Einfluss auf die deutsche Jugend ausübe".

Diese Kritik an Goethe - dem "Ali Pascha unserer Literatur" war weniger ein persönlicher Angriff gegen den Dichter, sondern vielmehr der Ausdruck einer neuen Literaturauffassung. Deutlich wurde dieser Kontrast bei der Bestimmung der Poesie.

Goethe verglich sie mit einer Ballonfahrt, die "uns mit dem Ballast in höhere Regionen hebt und die verwirrten Irrgänge der Erde in Vogelperspektive vor uns entwickelt daliegen lässt". Gegen die entrückte Betrachtungsweise setzte Heine das Bekenntnis zum subjektiven Erleben.

Das "Buch der Lieder"

1827 publizierte Heine die Gedichtsammlung "Buch der Lieder", die zu seinem berühmtesten und populärsten Gedichtband wurde. Bemerkenswert ist die Musikalität der Gedichte, die Komponisten wie Robert Schumann, Franz Schubert oder Felix Mendelssohn-Bartholdy zu Vertonungen anregte.

Neben melancholischen Gedichten finden sich pathetische Liebesgesänge, sinnlich erotische Verse, Spottverse und sozialkritische Gedichte. Im "Buch der Lieder" zog Heine bereits alle Register seines poetischen Könnens.

Publikum und Kritik reagierten mit Begeisterung auf Heines poetisches Meisterwerk. Allerdings wurde der ironische, sarkastische Tonfall Heines nicht übersehen. Kritiker sprachen von einer" edlen Schönheit, die durch ein kaltes Hohnlächeln verzerrt werde".

Abkehr von Deutschland

Die positive Aufnahme der Gedichte trug ihm eine Stellung als Redakteur der angesehenen Zeitung "Neue allgemeine politische Annalen" in München ein. Damit wollte sich Heine nicht begnügen; er strebte eine Professur an, die jedoch von reaktionären Kreisen um König Ludwig verhindert wurde.

Großes Aufsehen erregte Heine durch seine Abrechnung mit dem aristokratischen Schriftsteller August Graf von Platen, die er im dritten Band seiner Reisebilder "Die Bäder von Lucca" präsentierte. Die so genannte "Platen-Affäre" trug viel zum Ruf Heines als charakterloser Autor bei; die literarische Öffentlichkeit war über den Ton der Enthüllungen empört. Diese Affäre brachte das Fass zum Überlaufen.

Heine hingegen hatte genug von Deutschland. Trotz des Erfolges seiner Gedichte ergab sich keine erfolgsversprechende Berufsperspektive. Er litt er unter der geistigen Enge Deutschlands, die von Zensurmaßnahmen der herrschenden Regierung hervorgerufen wurde. Am 1. Mai 1831 verließ Heine Deutschland und reiste nach Paris, "um endlich frische Luft zu schöpfen".

Mehr zu Heinrich Heine in oe1.ORF.at:
Das Herz des Dichters
Heine und Frankreich
Heine - der Kämpfer

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 13. Februar, bis Donnerstag, 16. Februar 2006, 9:30 Uhr

Download-Tipp
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Buch-Tipps
Heinrich Heine, "Sämtliche Gedichte in einem Band", Insel, ISBN 3458172750

Heinrich Heine, "Deutschland. Ein Wintermärchen", dtv, ISBN 3423026324

Heinrich Heine, "Das Buch der Lieder", Anaconda, ISBN 3938484489

Jan-Christoph Hauschild, "Heinrich Heine", dtv Band 3

Jan-Christoph Hauschild/Michael Werner: "Heinrich Heine", dtv, ISBN 3423310588

Bernd Kortländer, "Heinrich Heine", Reclam, ISBN 3150176387

Joseph A. Kruse, "Heinrich Heine. Leben. Werk. Wirkung.", Suhrkamp Basis Biographie, ISBN 3518182072

Christian Liedtke, "Heinrich Heine", Rowohlts Monographien, ISBN 3499506858

Ludwig Marcuse, "Heinrich Heine Melancholiker, Streiter in Marx, Epikureer", Diogenes, ISBN 3257065051

Ralf Schnell, "Heinrich Heine zur Einführung", Junius Verlag, ISBN 388506930