"Giulio Cesare in Egitto" mit Diapason d'or ausgezeichnet

Preis für ORF-Edition Alte Musik

Ein schöner Erfolg für den ORF: Die französische Musikzeitschrift "Diapason" hat die in der Edition Alte Musik erschienene Innsbrucker Live-Aufführung von Antonio Sartorios "Giulio Cesare in Egitto" mit dem Diapason d'or, der goldenen Stimmgabel, ausgezeichnet.

In unseren Breiten ist sie leider nur im Abonnement erhältlich, die führende französische Musikzeitschrift "Diapason", die seit rund 50 Jahren ein zuverlässiger Führer auch durch die Fülle der disko- und videografischen Publikationen ist. Monat für Monat rezensieren dort renommierte Musikologen eine auf 200 Titel begrenzte Auswahl. Und etwa ein Dutzend der bewerteten CDs bzw. DVDs erhält die begehrte Auszeichnung des Diapason d'or, der goldenen Stimmgabel.

Im soeben erschienenen Heft 533 (Februar 2006) gehört nun auch die im vergangenen Jahr in der ORF-Edition Alte Musik erschienene Dokumentation der Innsbrucker Live-Aufführung von Antonio Sartorios dreiaktigem dramma per musica "Giulio Cesare in Egitto" als diapason découverte zu den erlesenen Preisträgern. Ja mehr noch, die jedem Monatsheft des "Diapason" beiliegende CD, die nur einige wenige der berücksichtigten Preisträger in Klangbeispielen vorstellt, widmet dieses Mal gleich achteinhalb Minuten für drei Szenen des ersten Aktes der venezianischen Oper von 1676. Und die Begeisterung des Rezensenten reicht sogar bis in die Kurzinformation hinein, wo es lapidar heißt: "Händels 'Giulio Cesare' war also ein 'remake', Innsbruck offenbarte das aufregende Original."

Sartorios Libretto

Zur Erinnerung: Ein knappes halbes Jahrhundert vor Händels Londoner Vertonung hatte der Venezianer Antonio Sartorio das gleiche Libretto des Giacomo Francesco Bussani bereits für sein zehntes dramma per musica genutzt.

Und er hat - Kenner der Händelschen Kürzungen älterer Libretti wissen darum - sehr viel mehr an Handlung und Porträtierung der Protagonisten vertont, darunter z. B. die in Venedig so beliebten Verkleidungsszenen und die aus der Frühzeit des Musiktheaters stammende komische Rolle der Amme.

Hohe Bewertung für "riche idée"

Doch zurück zum Diapason und der "Giulio Cesare"-Kritik aus der Feder von Ivan A. Alexandre, einem der großen französischen Experten auf dem Gebiet der Alten Musik, der auch als Verfasser und Herausgeber eines ebenso voluminösen wie angesehenen Schallplattenführers für Renaissance- und Barock-Interpretationen bekannt ist.

Er wertet die technische Seite der Aufnahme mit 7,5 von maximal zehn Punkten, die SACD-Technik sogar mit acht von zehn. Er hält die Live-Aufzeichnung für insgesamt gut gelungen, lobt den sehr guten Raumeindruck, die ausgezeichnete Präsenz der Solisten auf der Bühne, die große dynamische Reichweite und die sehr lebendige Wiedergabe. Ja, er hält das gesamte Projekt für eine "riche idée".

Musikalische Entwicklung

Nun könne man sich endlich nicht nur an dem erfreuen, was in den beiden Vertonungen eines und desselben Librettos vergleichbar und was verschieden ist, so Ivan A. Alexandre. Man könne auch in Sartorios Musik geradezu den Gang der musikalischen Entwicklung fassen, den Weg vom Monteverdischen Rezitativ zum bel canto und zu Arienformen, wie sie für die gleichzeitigen Komponisten Alessandro Stradella und Alessandro Scarlatti typisch werden sollten. Man treffe hier auf ein Werk, ganz und gar gesättigt von Überraschungen, Schwung, Abwechslung und Zügigkeit.

Eine Entdeckung

An dieser Gestaltung der verblüffenden Zügigkeit seien, so Ivan A. Alexandre, alle Interpreten gleichermaßen beteiligt, wennschon zuweilen auf Kosten einiger schroff geratener Aussparungen. Die zweifellos beste gesangliche Leistung findet er bei Maria Cristina Kiehr (Nireno), und im makellosen Vortrag von Dominique Visse (Tolomeo) hört er dessen ausgeprägten Theaterinstinkt ohne jeden Abstrich. Weniger begeistert zeigt sich Alexandre von den beiden Heroinen Cleopatra und Cornelia, von denen erstere (Laura Alonso) wenig Charme und Technik, die andere (Claire Brua) wenig Kontrolle und Schärfe böten.

Ansonsten aber würden der mitreißende Cesare der Alexandrina Pendatschanska, die umwerfende Amme in der Deutung von Steven Cole, der cherubineske Sesto der Amel Brahim-Djelloul, ferner das lebhafte Spiel des Basler Barock-Ensembles La Cetra und der unwiderstehliche Impetus des Dirigenten Attilio Cremonesi der glitzernden Pracht des Dramas mehr als gerecht. Diese venezianische Oper von 1676 sei eben ohne den geringsten Zweifel eine "découverte" - Entdeckung. Über diese Auszeichnung freue ich mich natürlich sehr!

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Hör-Tipp
Alte Musik - Neu interpretiert, Dienstag, 7. Februar 2006, 19:30 Uhr

CD-Tipp
Antonio Sartorio, "Giulio Cesare in Egitto", Innsbrucker Festwochen 2004, ORF-Edition Alte Musik, erhältlich im ORF Shop,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten im ORF Shop 10 Prozent Ermäßigung.

Links
Innsbrucker Festwochen
La Cetra