Der Pantomime und Schauspieler Samy Molcho

Der Körper lügt nicht

"Magie der Stille" - so heißt ein Buch von Samy Molcho über die Kunst der Pantomime. Er wollte immer Geschichten erzählen, wollte ganz auf die Stille, auf die Kunst der Bewegung vertrauen und wurde zu einem der bedeutendsten Pantomimen des 20. Jahrhunderts.

Warum ist uns Körpersprache so fremd?

"Wir lernen alle möglichen Sprachen. Nur die eigene Körpersprache bleibt für viele ein Leben lang eine Fremdsprache", sagt Samy Molcho, einer der bedeutendsten Pantomimen des 20. Jahrhunderts.

Seine "Schule für Pantomime" gibt es schon seit 1977 nicht mehr. Die "Kunst der Stille" ist - so scheint es - in der heutigen schnelllebigen Zeit ein wenig in Vergessenheit geraten ...

Gesten und Mimik verraten mehr als Worte

"Unsere Körpersprache ist deutlicher als die der Wörter. Unser Körper kann sich nicht so verstellen, wie das unsere Wörter tun. Der Körper ist primär - nicht das Wort. Die Körpersprache ist unser elementarstes Kommunikationsmittel, und doch schöpfen wir bei weitem nicht alle ihre Möglichkeiten aus", schreibt Samy Molcho in seinem Buch "Körpersprache". Nach seinen Worten gibt es ohne Körper keine Existenz und keinen Begriff von einem selbst:

"Was wir sind, sind wir durch unseren Körper. Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens. Jede innere Bewegung, Gefühle, Emotionen, Wünsche drücken sich durch unseren Körper aus. Was wir Körperausdruck nennen, ist der Ausdruck innerer Bewegungen".

In zwei Welten zu Hause

"Partnerschaft und Körpersprache" - so lautet ein weiterer Titel seiner erfolgreichen Bücher, und Partnerschaft ist auch Samy Molcho selbst sehr wichtig. Seit vielen Jahren ist er mit seiner Frau Haya verheiratet und hat vier Söhne. In Tel Aviv aufgewachsen, lebt der Künstler schon seit geraumer Zeit in Österreich, das - wie er sagt - zu seiner zweiten Heimat geworden ist.

Samy Molcho ist - so scheint es - in zwei Welten zu Hause, in zwei unterschiedlichen Kulturen. Die Räumlichkeiten seines Hauses unweit von Wien strahlen eine angenehme, behagliche Atmosphäre aus. Die Wände schmücken Bilder von Arik Brauer und anderen befreundeten Künstlern; und man entdeckt überall Utensilien seiner ursprünglichen Heimat Israel.

Geruchslandschaft Meer

"Ich bin am Meer aufgewachsen", erzählt der Künstler. "Das ist eine Geruchslandschaft, wie man sie gar nicht beschreiben kann. Seine Beziehung zu Israel hat er nie abreißen lassen, obwohl er inzwischen auch österreichischer Staatsbürger ist. Immer noch hat er auch eine Wohnung in Israel. Auch seine Familie und viele seiner Freunde leben in der alten Heimat.

Die Lust am Spiel, an der Darstellung weckt bereits als Kind die Begeisterung fürs Theater, für die Bühne. Schon als Zehnjähriger spielt er bei Aufführungen der Pfadfinder und in einem Kindertheater mit. Nach einem Ballettunterricht erhält er dann später am Cameri Theater und am israelischen Nationaltheater eine umfassende Ausbildung als Schauspieler.

Die Magie der Stille

Im Zuge der Schauspielausbildung erlernt Samy Molcho auch die Technik der Pantomime. Die Magie der Stille habe ihn schon immer besonders fasziniert, sagt er. Er wollte Geschichten erzählen, wollte ganz auf die Stille, auf die Kunst der Bewegung vertrauen.

1960 gibt er seinen ersten Pantomime-Abend in Tel Aviv. Seit damals gastiert er als Pantomime in zahlreichen Ländern, steht auf vielen Bühnen und gibt die ersten Mimo-Versionen für das Fernsehen.

1977 wird er als Lehrer ans renommierte Max-Reinhardt-Seminar in Wien geholt. Im gleichen Jahr gründet er seine eigene "Schule für Pantomime", die es allerdings heute nicht mehr gibt. Aber es wäre auch viel zu kurz gegriffen, würde man Samy Molcho nur auf seine Tätigkeit als Pantomime reduzieren wollen ...


Regisseur, Schauspieler, Buchautor

Schon 1963 zeichnet er für die Choreografie für das Ballett "Berschit" verantwortlich, 1964 führt er Regie bei der deutschsprachigen Uraufführung von Jean Genets Stück "Die Neger". Ob bei Stücken von Ionesco, Beckett, Gogol, Goldoni, Schnitzler, Brecht oder Handke - Samo Molcho ist stets auch als Regisseur erfolgreich gewesen. Auch als Schauspieler ist er wiederholt auf der Bühne gestanden. Ebenso hat er Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, Luciano Berio und vielen anderen inszeniert.

In den letzten Jahren hat sich Samy Molcho vor allem auf die Wirkung der Körpersprache im Alltag konzentriert. Seit 1980 hält er Vorträge zum Thema Körpersprache, leitet Seminare für Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik. Seine Bücher über "Die Körpersprache der Kinder" oder "Die Körpersprache des Erfolges" wurden Bestseller.

Was bedeutet Erfolg?

"Es geht bei der Beschäftigung mit Körpersprache darum, sich selbst besser zu begreifen. Wenn man die Sprache des eigenen Körpers kennen lernt, dann wird man - durch dieses Lernen - bescheidener und hoffentlich auch ein wenig menschlicher", sagt er.

Auf die Frage, was ihm Erfolg bedeutet, meint der Künstler, er sei nicht mit Wohlstand und Geld gleichzusetzen, sondern habe etwas mit der erfolgreichen Bewältigung des Alltags zu tun: "Die Körpersprache des Erfolges ist die Körpersprache eines in sich ruhenden souveränen Menschen".

Samy Molcho strahlt diese Ruhe und Souveränität aus. Er ist erfolgreich, kein Zweifel, aber eben auch in dem Sinne, wie er es aus dem hebräischen Wort für Erfolg ableitet:"Zum nächsten Ufer gehen“; und diese Neugier auf neue Ufer, die sei in seinem Leben immer schon eine wichtige, treibende Kraft gewesen.

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 8. Jänner 2006, 14:05 Uhr

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Samy Molcho