Der Gedanke zählt
Der Verstand hat kein Geschlecht
Obwohl der Anteil der Studentinnen in technischen Fächern nur zehn Prozent beträgt, beweisen immer mehr Frauen ihr Können in der Forschung. In den größten technischen Forschungszentren Österreichs sind aber nur ein Viertel der Wissenschaftler Frauen.
8. April 2017, 21:58
Frauen waren in technischen Berufen bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts eine Ausnahme. 1966 waren 0,3 Prozent der Absolventen an amerikanischen technischen Universitäten Frauen. Heute sind es fast 20 Prozent. Europaweit sind es 15 Prozent.
Auch in Österreich hat sich der Frauenanteil gesteigert. Jeder zehnte Studienabschluss wird mittlerweile von einer Frau gemacht. Auch Lehrstühle werden von Frauen erobert.
Erstmals in der Geschichte der technischen Universität Graz zum Beispiel hat dieses Jahr die Biologin Gabriele Berg einen Lehrstuhl im Bereich der Naturwissenschaften bekommen. Sie ist neben zwei Architektinnen nun die dritte Professorin an der TU Graz. Von insgesamt 101 Professorenstellen.
Interessante Fragestellungen, spannende Forschung
An der Universität Greifswald in der ehemaligen DDR hat Gabriele Berg am ersten Biotechnologieprojekt der DDR mitgearbeitet und hat danach an der Universität Rostock die erste eigene Arbeitsgruppe aufgebaut. Im September dieses Jahres wurde sie zur Professorin für Umweltbiotechnologie und Ökotechnik an der technischen Universität Graz berufen.
Interessante Fragestellungen, spannende Forschung - ist der Antrieb der Biotechnikerin. Die Karriere war nicht geplant. Sie wollte zwar nach eigener Aussage immer schon Forschung betreiben, neue Dinge entdecken und eigene Ideen umsetzen, der Professoren Titel war aber nie ein primäres Ziel.
Keine Angst um Arbeitsplatz
Auf einen Arbeitsplatz brauchen junge Technikerinnen in den wachsenden Wirtschaftsbereichen nicht warten. Die Welser Kunststofftechnikerin Rotraud Freytag vom Upper Austrian Research- dem Innovationsnetzwerk Oberösterreich- zum Beispiel wurde sofort nach dem Studium angeworben.
Jetzt leitet sie das Transfercenter für Kunststofftechnik der Upper Austrian Research. Ihre Forschergruppe arbeitet eng mit der Kunststoffindustrie zusammen. "Einerseits sind wir der Problemlöser, wenn es mit einem Produkt nicht so klappt wie es sollte. Andererseits sind wir aber auch an Produktentwicklung beteiligt. Wir begleiten das Produkt von der Entwicklung bis zur Produktion", erklärt Freytag.
Frauen in der Wissenschaft
In der Geschichte der technischen Forschung waren Frauen oft Richtung weisend. Das, obwohl sie es schwerer hatten als ihre männlichen Kollegen, weil sie sich Studienplatz und Forschungsstelle erst erkämpfen mussten.
Marie Curie und Lise Meitner zum Beispiel war es nicht erlaubt an der Fakultät zu forschen. Dennoch kamen sie zu bahnbrechenden Erkenntnissen. Einige Forscherinnen lieferten ihren männlichen Kollegen die entscheidenden Denkanstöße für Forschungsergebnisse, mit denen diese dann den Nobelpreis bekamen.
Die österreichische Physikerin Lise Meitner berechnete die Atomspaltung. Ihr Kollege Otto Hahn lieferte dazu die Experimente. "Hähnchen lass mich das machen, von Physik verstehst zu nichts", schrieb sie ihm 1938, als sie die entscheidenden Berechnungen machte. Er bekam den Nobelpreis.
Denken Frauen anders?
Heute haben Frauen in der Forschung dieselben Möglichkeiten wie Männer. In den meisten technischen Fächern aber überwiegen noch die Männer. Zum Beispiel in der Nachrichtentechnik.
Heidrun Häfele hat in ihrer Abteilung zwölf Mitarbeiter. Zwei davon sind Frauen. Sie hätte gerne mehr Mitarbeiterinnen. Denn Frauen brächten oft wichtige Denkanstöße. Sie würden zum Beispiel anders an Problemlösungen herangehen, und die Dinge sorgfältiger und intensiver angehen.
Trotz der Erfolge zeigen Studien, dass Frauen in der technischen Forschung zahlenmäßig unterrepräsentiert sind. Vor allem wenn es um den Aufstieg geht, denn der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist mit weniger als zehn Prozent äußerst gering.
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