Infrastruktur hemmt Kooperation Wien - Bratislava

So nah und doch so fern

Keine Hauptstädte in Europa liegen so nah bei einander wie Wien und Bratislava. Dennoch stößt die wirtschaftliche Kooperation noch an Grenzen, denn der Ausbau der Infrastruktur ist ins Stocken geraten. So gibt es etwa noch immer keine direkte Autobahnverbindung.

Eugen Antalovsky und seine Vision über die Zukunft

"Es wird für die Region Wien - Bratislava eine gemeinsame Fahrkarte des öffentlichen Verkehrs geben, die Unis werden kooperieren, ebenso wie Museen und Opernhäuser, schlicht: Die Region wird als natürliches, eigenes Umland empfunden werden". So schildert Eugen Antalovsky vom Europaforum Wien die Vision eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes beider Metropolen.

Die Realität sieht leider noch anders aus: Denn obwohl die beiden Hauptstädte nur 60 Kilometer voneinander entfernt sind, scheint der Ausbau der Infrastruktur ins Stocken geraten zu sein.

Autobahnverbindung erst 2007

In der Monarchie war die Region Wien - Bratislava noch ein gemeinsamer kultureller und wirtschaftlicher Raum. Zwei Weltkriege haben jedoch einen Keil durch Mitteleuropa geschlagen, der offenbar schwer zu beseitigen ist. Denn 15 Jahre nach dem Ende des Kommunismus gibt es noch immer keine direkte Autobahnverbindung zwischen Wien und Bratislava.

Von Wien aus auf halber Strecke endet die Autobahn. Die restlichen Kilometer zieht sich eine LKW-Kolonne auf der Bundesstraße durch die Landschaft. Während die Slowaken ihr Teilstück schon vor Jahren gebaut haben, soll die Verbindung auf österreichischer Seite erst 2007 fertig werden.

Für diese Verzögerung habe Österreich einen hohen Preis gezahlt, erklärt Thomas Oliva von der Industriellenvereinigung. Vielen österreichischen Autozulieferern sei ein Geschäft entgangen, da die Autowerke in der Slowakei nun wo anders zukaufen.

Gegenmaßnahmen ausreichend?

Um das Zusammenwachsen zu fördern, hat die Österreichische Industriellenvereinigung das Twin-City-Projekt ins Leben gerufen, an dem österreichische und slowakische Unternehmen teilnehmen. Schwerpunkt dieser Infrastruktur-Maßnahmen: die Verlängerung der S7-Schnellbahn nach Bratislava und ein Hochgeschwindigkeitszug, ebenfalls unter Einbindung beider Flughäfen.

Peter Kollarik, Siemens-Chef in der Slowakei, meint dazu, die Kooperation der Flughäfen Wien und Bratislava sei deshalb so wichtig, weil das Einzugsgebiet um die beiden Städte in einem Konkurrenzkampf mit anderen Ballungsräumen wie München oder Mailand stehe. Die Chancen, dass der Flughafen Wien gemeinsam mit anderen Konsortialpartnern den Flughafen Bratislava kaufe, stünden gut. Eine Empfehlung der slowakischen Übernahmekommission diesbezüglich liege bereits vor.

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Investoren gefragt

Wien und Bratislava buhlen derzeit beide um Investitionen von Unternehmen, die in Mittel- und Osteuropa Geschäfte machen. Die Slowaken haben dabei einige Vorteile: Die Löhne sind niedriger, die Arbeitszeiten flexibler, und es gibt die so genannte Flat Tax, ein einheitlicher Steuersatz für Köperschafts-, Einkommens- und Umsatzsteuer von 19 Prozent. "Das gefällt Investoren", sagt Jake Slegers, Leiter der Amerikanischen Handelskammer in Bratislava.

Der EU-Beitritt hat den Investoren jedenfalls letzte Zweifel über die Slowakei genommen. Die Direktinvestitionen sind stark gestiegen. Deshalb gibt es in der Region Bratislava auch keine Arbeitslosigkeit. In Zukunft würden daher auch vermehrt Wiener nach Bratislava zur Arbeit pendeln, meint Zdenek Lukas von Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Auch Peter Mayerhofer vom WIFO betont in diesem Zusammenhang, Wien solle sich mehr auf Dienstleistungen konzentrieren. Da gäbe es im Osten großen Nachholbedarf.

Initiativen zu zaghaft

Jede wirtschaftliche Kooperation stößt an ihre Grenzen, wenn die Menschen sich nicht kennen lernen. Diese Gesinnung ist jedoch kaum erkennbar.

Helfen würden etwa grenzüberschreitende Kulturfestivals, Sportveranstaltungen, Tourismusprojekte oder Schüler- und Studentenaustausche. Diese Initiativen stehen derzeit aber noch mehr in den Kinderschuhen als der Ausbau der Infrastruktur. Die Barriere im Kopf sitzt offenbar noch tief.

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Links
Wirtschaftsraum Wien - Bratislava
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