Madame Bovary heute

Keine Zeit für schlechten Sex

Was wäre wenn Gustave Flauberts tragische Heldin, Emma Bovary heute lebte? Diese Frage stellte sich Tama Janowitz mit ihrem neuen Roman. Was sie besonders interessierte: die Verzweiflung, die viele Frauen - trotz Karriere - empfinden.

Die Heldin von Tama Janowitz' neuem Roman ist Peyton Amber. Der Name ist eine Anspielung auf zwei Bestseller aus den 40er bzw. den 50er Jahren, in denen es um die Brüchigkeit der gesellschaftlichen Fassade ging: nämlich "Die Leute von Peyton Place" und die historische Romanze "Amber".

Peyton Amber ist eine schöne junge Frau ohne Selbstwertgefühl, ohne Ausbildung und mit einem ausgeprägt schlechten Geschmack bei Kleidern. Dennoch angelt sie sich einen jüdischen Zahnarzt aus gutbürgerlichem New Yorker Haus, den sie ein ganzes Eheleben hindurch betrügt. Auch ein Kind macht Peyton Amber nicht glücklicher. Im Gegenteil: Das Mutter-Sein geht ihr auf die Nerven.

Das Leben der New Yorker Frauen

Es sei noch nicht so lange her, dass man zugeben dürfe, wie langweilig es sei, mit dem Kind im Park zu sitzen oder bei der Schaukel zu stehen, sagt die Autorin. Tama Janowitz hat selber eine zehn Jahre alte Tochter, Willow, die sie in China adoptiert hat. Peyton Amber ist - als moderne Madame Bovary - in der Beschreibung ihren Träumen vom Märchenprinzen genauso verhaftet, wie ihr historisches Vorbild.

Frauen in New York, so Tama Janowitz, hielten zwar sehr auf ihre Karriere, und verheiratet zu sein sei ihnen auch wichtig, doch eigentlich warteten sie alle auf die große Liebe ihres Lebens. Darauf zu warten sei freilich eine verrückte Idee, ebenso verrückt wie der gerade in den USA ausgeprägte Jugendkult, der besonders für Frauen grausam sei. Peyton Amber wird erst durch Ablehnung eines Mannes bewusst, dass ihre besten Jahre hinter ihr liegen.

Kultautorin über Nacht

Eine besonders optimistische Sicht des Lebens hat Tama Janowitz nie gehabt. Die heute 47-Jährige wurde 1986, mit ihrer Erzählsammlung "Großstadt-Sklaven", über Nacht zur Kultautorin. Gemeinsam mit Bret Easton Ellis und Jay McInerney zählte man sie zum so genannten literarischen Brat Pack. Es waren Studenten, die aus diesen Autoren Stars machten. Die Pflichtlektüre mochte aus Henry James und Hemingway bestehen, doch zum Vergnügen lasen sie die Bücher des Brat Packs.

Tama Janowitz ist schon vor Jahren in den Stadtteil Brooklyn gezogen und wohnt, gegenüber vom frisch renovierten Brooklyn Museum, mit ihrer Familie und drei Zwergpudeln in einem Penthouse. Manhattan, so die Autorin, sei eine weiße, teure Enklave geworden. Den kulturellen Mix Manhattans findet sie nun in Brooklyn wieder. Da seien Leute aus der Karibik neben jenen aus der Ukraine und aus Italien. Nur drei Haltestellen mit der U-Bahn liege das jüdische Viertel Brighton Beach. Egal, in welche Richtung sie hier gehe, sagt die Autorin, es gebe immer etwas Interessantes zu entdecken.

Buch-Tipp
Tama Janowitz, "Keine Zeit für schlechten Sex", übersetzt von Claudia Feldmann, List Verlag, ISBN 3471795103