"Don't be evil"

Google Print

Google hat begonnen Bücher aus Verlagsprogrammen und fünf großen Bibliotheken einzuscannen. Mit dem Projekt Google Print sorgt die populäre Suchmaschine seither für Aufregung und heftige Diskussionen in der Buch- und Verlagswelt.

"Stellen Sie sich vor, Sie suchen nach Weinanbaugebiete in der Toscana und finden neben den Internetergebnissen zusätzlich auch noch Bücher, die zu dem eingegebenen Suchbegriff passen", erklärt Jens Redmer das neue Service der populären Suchmaschine. Er ist seit Anfang dieses Jahres für die Einführung von Google Print in Europa zuständig.

Der börsennotierte Suchmaschinengigant investiert in die Digitalisierung der Bücher Millionenbeträge. Und was ist das Geschäftsmodell? "Google Print ist eher ein Kundenbindungs- und Marketinginstrument, ein strategisches Investement als ein eigenes Profitcenter", so der Google-Manager mit Firmensitz in Hamburg.

Für alle offen

Google Print steht allen Verlegern und Autoren offen, betont Jens Redmer. Die Kosten für die Digitalisierung und die Einbindung in den Suchindex übernimmt Google. Die Volltextsuche liefert Leseschnipsel aus den digitalisierten Büchern, die weder gedruckt, noch heruntergeladen werden können.

Neben den Buchlisten samt Zitaten platziert Google Werbeschaltungen, die inhaltlich zur Suchabfrage passen. Die Verlage werden an den Werbeerlösen beteiligt.

"Tu nichts Böses"

Ein Promotiontool mit neuen Einnahmequellen für die Buchbranche? Ganz so einfach ist es nicht. Das Unternehmen, das sich das Motto "Don't be evil", also "Tu nichts Böses" auf seine Fahnen geheftet hat, steht mit Google Print nun im Kreuzfeuer der Kritik.

Die US-Autorenvereinigung Authors Guild und der US-Verlegerverband Association of American Publishers haben gegen Google eine Sammelklage eingereicht. Sie beschuldigen den Suchmaschinenbetreiber massive Copyrightverletzungen zu begehen. Google habe mit Bibliotheken Kooperationsvereinbarungen zur Digitalisierung der Buchbestände geschlossen, aber nicht die Einwilligung der Autoren eingeholt. Diese wollen nun eine Unterlassungsanordnung erreichen und verlangen Schadensersatz.

Dorn im Auge ist den Verlegern, dass sie nicht gefragt werden, welche Bücher sie für den Such-Index freigeben wollen, sondern dass sie nach den Vorstellungen von Google explizit erklären müssen, welche Werke sie ausgeschlossen sehen möchten.

Eine Frage des Geldes?

"Wir und viele andere Bibliotheken in der Welt verfolgen seit vielen Jahren eigene Digitalisierungsprojekte. Dabei haben wir uns aber auf kleine Originalsammlungen beschränkt, wie Briefe, Tagebücher oder Manuskripte", erklärt David Ferriero, Leiter der Research Libraries an der "New York Public Library", eine der Bibliotheken, die ihre Bestände von Google digitalisieren lässt.

Was das Google-Angebot für die Bibliotheken so attraktiv macht? David Ferriero: "Niemand von uns hat das Geld, die gesamten Buchbestände zu digitalisieren. Das ist der Grund, warum wir so begeistert sind, dass da jetzt Google die Initiative ergreift."

Unterschiedlicher Umgang mit Urheberrecht

Von der "New York Public Library" und von der Universitätsbibliothek Oxford gehen nur jene Bücher durch den Scanner, die zur "public domain" gehören, also jene gedruckten Werke, die vor 1923 publiziert wurden, nach US-Bestimmungen copyrightfrei sind und daher jedem frei zur Verfügung stehen.

Diese Bücher werden als digitale Vollversion angeboten, also alle Originalseiten, samt Grafiken und der Möglichkeit zum Blättern. Die Universitätsbibliotheken von Harvard, Michigan und Stanford geben auch Bücher aus der Hand, die nach 1923 publiziert wurden.

"Die digitalen Kopien werden zwar in nur ganz kleinen Ausschnitten gezeigt, trotzdem haben die Verlage Bedenken, dass digitale Volltextversionen von copyrightgeschützten Werken in Umlauf kommen könnten", so David Ferriero.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Veranstaltungs-Tipp
Konferenz, Semantics2005 - semantische Systeme in der Wissensgesellschaft, Expertenrunde "Google & Cultural Heritage", Freitag 25. November 2005, 14:00 bis 18:00 Uhr im TechGate Wien.
Diese Veranstaltung findet in Kooperation mit der Ö1 Sendung matrix statt.

Links
matrix.ORF.at
Google & Cultural Heritage
Google Print

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