Luis Murschetz, Meister des Federstrichs

"Unterm Strich" betrachtet

Seit 1971 erscheinen seine politischen Karikaturen mit dem Kürzel MUR in der "Zeit": Luis Murschetz, gebürtiger Steirer, der seit den 1960er Jahren in München lebt. Ein Porträt des Zeichners und Kinderbuchautors, der im kommenden Jänner 70 wird.

Luis Murschetz über politische Karikatur

Die berühmten drei Tenöre stehen auf der Titanic und singen. "Gala im Nordatlantik" heißt die fein gestrichelte, im Stil unverkennbare Murschetz-Zeichnung. Im Buch "O sole mio" sieht man die drei Tenöre auch als Astronauten auf dem Mond singen - bei einem "Konzert im Meer der Ruhe", wie im Titel zu lesen ist. Man sieht sie - von Christo eingewickelt und verpackt - mitsamt eingepackter Mailänder Scala.

Mit feinen Federstrichen macht sich da einer lustig über die Allgegenwärtigkeit dreier berühmter Sänger, die sich zu vermarkten wussten. "O sole mio oder Warum die drei Tenöre immer noch singen" heißt das Buch mit einem Text von Herbert Rosendorfer und Zeichnungen von Luis Murschetz, gebürtiger Steirer, der im kommenden Jänner seinen 70. Geburtstag feiert.

Karikaturist der "Zeit"

Wunderbare Bilder von Luis Murschetz, signiert mit dem Kürzel MUR, findet man Woche für Woche auch in der Zeitschrift "Die Zeit". Mit jeweils zwei Zeichnungen ist MUR wöchentlich vertreten, politische Karikaturen, gezeichnete Kommentare vom Feinsten.

Vielen ist Luis Murschetz auch durch ein Buch bekannt, das längst zum Klassiker geworden ist: "Der Maulwurf Grabowski", eines seiner bekanntesten Kinderbücher, das 1972 erschienen ist.

Über den Dächern Münchens

Umgeben von vielen Zeichnungen geschätzter Kollegen wie u. a. Tommi Ungerer oder Paul Flora, von dem er 1971 das Amt des Zeichners bei der "Zeit" übernommen hat, lebt Luis Murschetz in einer hellen, schönen Dachterrassenwohnung in München-Schwabing.

"Wir Zeichner sind Realisten", sagt Murschetz, der Zeichner und Kinderbuchautor, mit freundlicher Warnung an den interviewenden Gast, der von ihm "Geschichten" hören will. Und holt einen Stoß Blätter mit neue und alte Zeichnungen. Eine unmissverständliche Botschaft: Er erzählt seine Geschichten lieber auf dem Zeichenblatt.

Karikatur als Heilmittel

Was ihn schon früh zur Feder greifen ließ? "Ich kann loswerden, was mich nervt", so Murschetz. Die politische Karikatur also als Befreiung, als Heilmittel für die eigene Seele. Seine ersten Arbeiten dieses Genres erschienen 1967 in der "Süddeutschen Zeitung".

"Lächerlich machen liegt nicht in seiner Absicht. So, wie er Politik zeichnet, nimmt er Politik auch wahr - mit einem ausgeprägten Sinn für das Komische, mit einem untrüglichen Gespür für Pointen, die sehr humorvoll, aber auch sehr sarkastisch sein können. 15 Jahre unvollendete deutsche Einheit etwa, dargeboten als schmaler, weißer Strich in einem großen, schwarzen Feld der Düsternis, ein Silberstreif im Osten, mehr nicht. Blühende Landschaften sehen anders aus", so ein Kommentar zur Bild-Sprache des Meisters.

Aus Wöllan in der Untersteiermark

1936 in Wöllan in der Untersteiermark geboren, das heute zu Slowenien gehört und Velenje heißt, wuchs Murschetz in Frohnleiten auf. Die Grafikerausbildung machte er in Graz. Schließlich entschied er sich für die Kunst. Gefördert wurde er dabei kaum. Außer von einem Lehrer, der ihn zumindest ermutigt habe, erinnert er sich.

Aus der Steiermark führte der Weg dann ins Ausland. Murschetz nennt es seine "Lehrjahre", an die er gerne zurückdenkt. Zunächst übersiedelte er nach Holland.

MUR - ein Teil der "Zeit"

"Luis Murschetz zeichnet seit 34 Jahren für die 'Zeit'. Er ist ein Teil von ihr geworden - und vice versa. Aber, um die Wahrheit zu gestehen, für mich bleibt Luis Murschetz vor allem zweierlei: der Vater einer hoch begabten Künstlerin, der Bühnenbildnerin Annette Murschetz. Sehr hübsch ist sie auch noch. Und dann: Luis Murschetz ist der unsterbliche Autor des nicht minder unsterblichen Kinderbuchs über den 'Maulwurf Grabowski'", so "Zeit"-Herausgeber Michael Naumann.

Und weiter: "Wer - wie dieser Vater - vor 30 Jahren die Auswahl hatte, seinem Kind entweder die 'Raupe Nimmersatt' vorzuführen oder den 'Maulwurf Grabowski', entschied sich, schon allein aus sportlichen Gründen - Grabowski hieß bekanntlich der geniale Stürmer von Eintracht Frankfurt - für den proletarischen Wühler aus dem Ruhrgebiet." Annette Murschetz, die in Wien lebt und als Bühnenbildnerin für so renommierte Bühnen wie das Wiener Burgtheater oder die Salzburger Festspiele arbeitet, ist übrigens dieser Kinderbuchklassiker gewidmet.

Besuche in der alten Heimat

In den letzten Jahren ist Luis Murschetz mehrmals in seine alte Heimat Österreich zurückgekehrt. Er besucht regelmäßig seine Tochter und seine Geschwister.

Und er hat in den letzten Jahren beruflich mehrmals einige Wochen in Salzburg verbracht: Zwischen 1983 und 1995 leitete er insgesamt sechsmal die Klasse "Illustration" an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst. Eine schöne und spannende Sache für den Zeichenmeister, zu unterrichten. Aber: Kann man seine Kunst überhaupt unterrichten? Ermutigung ist wichtig, aber noch wichtiger ist die Bereitschaft, den eigenen Weg konsequent zu gehen, so der Meister der feinen Feder.

Ein Buch zum 70er

"Wahrscheinlich kommt der Name von Murschatz und wurde in der zweiten steirischen Lautverschiebung bescheidener gemacht. (Seine Tochter hätte allen Grund die Urform wieder zu benützen)", schreibt Werner Schneyder u. a. über Luis Murschetz, zu dessen 70er ein Buch erscheinen wird.

"Bei dem, was er mitzuteilen hat, kommt Luis Murschetz mit wenigen Strichen aus, ob er nun zeichnet oder sein Leben skizziert. 'Erste Lustzeichnungen 1941', vermerkt er in biografischen Notizen, 'darauf Ausschluss aus dem Kindergarten' und 'Einweisung ins elterliche Heim'. Später, als Ministrant, 'zuständig für Glühkohle und Weihrauch in St. Kathrein zu Frohnleiten', bis er dann nach wenig ermutigenden Versuchen des Geigen- und des Fußballspiels in München landet - bei der 'Süddeutschen Zeitung'. Das war 1962", wird in einem der Texte über den Österreicher in München zu lesen sein.

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Buch-Tipps
Luis Murschetz, Herbert Rosendorfer, "O sole mio oder warum die Drei Tenöre immer noch singen", Verlag Sanssouci, ISBN 3725411751

Luis Murschetz, "Maulwurf Grabowski", Diogenes Verlag, ISBN 3257-005423

Links
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Sanssouci Verlag