Sicherheit muss leistbar sein
Versicherungsfall Naturkatastrophe
2004 war das teuerste Naturkatastrophenjahr in der Versicherungsgeschichte. Der Tsunami und seine Opfer fallen in dieser Bilanz gar nicht so sehr ins Gewicht: Es sind die Wirbelstürme, die die Naturkatastrophen so teuer machen.
8. April 2017, 21:58
Peter Höppe hat derzeit keinen leichten Job. Er ist der Leiter der GeoRisikoForschung bei der Münchener Rückversicherung und er soll aus den Datenreihen der Vergangenheit verlässliche Szenarien für die Zukunft modellieren: Wo wird eine Katastrophe eintreten? Mit welchem Schaden ist zu rechnen? Der Klimawandel macht dem Experten allerdings Probleme. Er wird ständig mit unvorhersehbaren Katastrophen konfrontiert.
Neue Katastrophen
Vor der brasilianischen Küste bildete sich im Vorjahr erstmals ein Hurrikan. Zudem wurde Hurrikan Alex ungewöhnlich weit außerhalb der Tropen aktiv. Innerhalb nur weniger Wochen trafen vier Hurrikane Florida: Ivan war mit bis zu 330 km/h einer der stärksten und verheerendsten Hurrikane seit es meteorologische Aufzeichnungen gibt. Er zog im September 2004 eine Spur der Verwüstung. Auf Grenada wurden 90 Prozent der Häuser zerstört, im Golf von Mexiko mussten Ölplattformen die Produktion einstellen und in Florida vernichtete er die Zitrusernte.
Auch Japan sorgte für einen neuen Rekord: es wurde von zehn tropischen Wirbelstürmen getroffen. Rekordniederschläge gab es in Brasilien, auf Haiti und der Dominikanischen Republik. Auch die Tsunami-Katastrophe vom 26. Dezember 2004 mit ihren 170.000 Toten konnte nicht vorhergesagt werden.
Teure Stürme
Die volkswirtschaftlichen Schäden stiegen im Jahr 2004 auf 145 Milliarden US-Dollar. Im Jahr zuvor waren es noch 60 Milliarden US-Dollar gewesen. Die Stürme machten 97 Prozent der versicherten Schäden aus. Die Hurrikane in der Karibik und den USA sowie das Niigata-Erdbeben in Japan vom Oktober schlugen mit heftigen Schäden zu Buche. "2004 ist das teuerste Naturkatastrophenjahr der Versicherungsgeschichte", sagt Höppe von der Münchener Rückversicherung, der größten Rückversicherung weltweit.
Mehr Wohlstand
Neben den deutlichen Zeichen des Klimawandels haben noch zwei weitere Faktoren den dramatischen Anstieg bei den Schäden hochschnellen lassen: die Bevölkerungszahl ist gestiegen und die Leute haben mehr Geld - wie in dem von Frances, Ivan und Jeanne heimgesuchten Florida zum Beispiel. "Bei einem Hurrikan in Florida sind über 50 Prozent der Schäden versichert", sagt Höppe. Im Tsunami-Gebiet hingegen waren nicht einmal zehn Prozent versichert. Die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Betroffenen hängen also stark von der Region ab, in der sie leben.
Erdbeben-Vergleich
Gibt es aber eine Möglichkeit, sich vor den Naturgefahren in Sicherheit zu bringen? Ein Beispiel aus jüngster Zeit macht die Möglichkeiten deutlich: Beim Erdbeben mit der Stärke 6,6 in Niigata starben 40 Menschen, mehr als 100.000 Häuser wurden beschädigt, unzählige Brücken, Straßen und Eisenbahnlinien wurden zerstört, der Schaden summierte sich auf 30 Milliarden Dollar.
Ein Beben der gleichen Stärke tötete in der iranischen Kleinstadt Bam 26.000 Menschen, es entstand ein im Vergleich geringer volkswirtschaftlicher Schaden von 500 Millionen Dollar. Das zeigt, dass modernes, erdbebensicheres Bauen in Japan vielen Menschen das Leben retten kann, den finanziellen Aufwand dafür muss man sich allerdings leisten können.
Neue Polizzen
Angesichts vermehrter Naturkatastrophen suchen die Versicherungen nach neuen Einkommensquellen. "In den Entwicklungsländern wird der Lebensstandard steigen", ist Höppe überzeugt "Sachversicherungen, Lebens- und Krankenversicherungen - alle Sparten können davon profitieren."
China und Indien sind die am stärksten wachsenden Versicherungs-Märkte derzeit. Wenn man sich die Milliarden von Polizzen vor Augen hält, muss man sich um die Zahlungsfähigkeit von Versicherungen in Zukunft wohl keine ernsthaften Sorgen machen.
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Links
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