Ruinöse Rabattschlacht verursachen Werkschließungen
US-Autoindustrie auf Crashkurs?
Die US-Autoindustrie steckt in einer tiefen Krise. General Motors, Ford und Co verursachen wegen der wachsenden Konkurrenz aus Japan und Korea eine ruinöse Rabattschlacht. Zehntausende Entlassungen und Werkschließungen en masse sind die Folge.
8. April 2017, 21:58
GM-Konzernchef Rick Wagener zur derzeitigen Situation
Die US-Autoindustrie steckt in einer tiefen Krise. General Motors und Ford produzieren an den Wünschen der amerikanischen Autokäufer vorbei. Wegen der massiven Marktanteilsverluste versuchen die amerikanischen Global Players nun, mit Rabattschlachten noch zu retten, was zu retten ist. Die Folgen sind Werkschließungen und Zehntausende Entlassungen. Die großen Gewinner sind die Japaner, aber auch schon koreanische Hersteller.
General Motors schwer angeschlagen
Der weltgrößte Autohersteller GM, General Motors, hat im zweiten Quartal 2005 wegen hoher Verluste am nordamerikanischen Markt überraschend rote Zahlen geschrieben und damit die Aktienmärkte weltweit belastet. Im ersten Halbjahr 2005 summierten sich die Verluste auf 1,39 Milliarden Dollar. Der Umsatz ging von 97 auf 94,2 Milliarden Dollar zurück. Allein im Auto-Geschäft in Nordamerika ist ein Verlust von 1,2 Milliarden Dollar angelaufen. In den USA insgesamt ist der GM-Autoabsatz in den beiden ersten Monaten dieses Jahres um zehn Prozent abgerutscht, obwohl der Branchenführer mit durchschnittlich mehr als 3.800 Dollar je Auto die mit Abstand höchsten Rabatte gibt.
Gründe der Probleme sind neben der Absatzmisere in Nordamerika extrem kostspielige Pensions- und Krankenversicherungskosten für Mitarbeiter und Betriebsrentner in den USA. Auch die Konkurrenten aus Fernost wie Toyota und Nissan nehmen GM zu Hause reihenweise die Kunden weg.
Starker Gewinnrückgang bei Ford
Mehr als 900 Millionen Dollar Verlust am Heimatmarkt haben auch dem zweitgrößten US-Autohersteller Ford das zweite Quartal verhagelt. Der Konzerngewinn fiel um 21 Prozent auf 946.Millionen Dollar. Das amerikanische Autogeschäft schlug dabei mit roten Zahlen von 907 Millionen Dollar zu Buche. Gründe waren auch hier vor allem der weitere Vormarsch japanischer Konkurrenten, aber auch eine neue Runde des Preiskriegs am US-Markt. Der Konzernumsatz wuchs unterdessen um 3,7 Prozent auf 44,5 Milliarden Dollar, wie das Unternehmen jüngst mitteilte.
Nach Darstellung von Konzernchef Bill Ford war das Unternehmen in den meisten Regionen profitabel: "Die globalen Autoergebnisse waren jedoch enttäuschend und spiegelten das andauernd harte Wettbewerbsumfeld wider, vor allem in Nordamerika", erklärte er. Die Autoauslieferungen fielen von 1.751 Millionen im Vorjahr auf 1.718 Millionen Stück.
Chrysler aus dem Tal der Tränen?
Chrysler, die Nummer drei unter den amerikanischen Autoherstellern, wurde mit Daimler Benz zu DaimlerChrysler fusioniert. Seit November 2000 hat der deutsche Manager Dieter Zetsche die heftig schlingernde Chrysler Group auf Kurs gebracht und wird demnächst die Nachfolge von DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp antreten.
Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Chrysler auf dem hart umkämpften US-Markt wieder einen operativen Gewinn von 1,78 Milliarden Dollar nach 630,5 Millionen Dollar Verlust im Jahr 2003. Dieter Zetsche erwies sich dabei als großer Kommunikator. Ihm gelang es auch in der zweiten Phase der Sanierung, unter behutsamem Einsatz von Mercedes-Technologie neue Produkte entwickeln zu lassen. Diese halfen mit, Chrysler trotz der immer heftiger tobenden Rabattschlachten offenbar nachhaltig in die Gewinnzone zu führen.
Der Preiskrieg am US-Automarkt
General Motors initiierte die Rabattschlacht: "Sie zahlen, was wir zahlen", lockte der weltgrößte Autokonzern mit seinem Programm "Mitarbeiter-Discount für Jeden" und trieb so im Juni den Absatz im heimischen Markt um 41 Prozent auf 558.092 Autos in die Höhe. GM konnte dadurch die übervollen Neuwagenhalden stark reduzieren und seinen US-Marktanteil von etwa 25 Prozent auf fast ein Drittel erhöhen.
Dies brachte Chrysler und Ford in Zugzwang. Chrysler hatte seinen US-Verkauf im Juni nur um fünf Prozent und Ford um ein Prozent aufstocken können, da die Kunden reihenweise zu GM übergelaufen waren. Chrysler versprach daher den US-Autokäufern "Mitarbeiter-Preise Plus": "Jetzt erhält Jeder unsere Mitarbeiter-Discount plus bis zu 3.500 Dollar Barrabatt". Ford wiederum legte mit dem Werbespruch "Von der Ford- zur amerikanischen Familie - Willkommen" die "Willkommensmatte" für seine amerikanischen Ford-, Lincoln- und Mercury-Käufer aus, die jetzt die gleichen Preise wie die amerikanischen Ford-Beschäftigten zahlen.
Discount-Programme der richtige Weg?
Während viele befürchten, dass die neuen Discount-Programme auf Dauer zu kostspielig für die mit hohen Verlusten operierenden US-Autohersteller sind, hofft Detroit andererseits, dass die Übergangszeit bis zu dem in zwei Monaten beginnenden "Modelljahr 2006" mit den neuen Rabattprogrammen überbrückt werden kann und zum rechtzeitigen Abbau der enormen Neuwagenhalden führen wird. Dann dürften - so die Strategen - die neuen Modelle des anlaufenden Modelljahres 2006 auch zu höheren Preisen oder mit geringerem Discount Abnehmer finden.
Die US-Autofirmen betonen, dass die neuen Rabattprogramme kaum teurer sind als die bisherigen gewährten Nachlässe. Die GM- Discountkosten werden von Branchenkennern auf fast 4.500 Dollar je Auto geschätzt und bei Chrysler und Ford auf fast 4.000 Dollar. Dagegen begnügen sich die Autoanbieter aus Europa und Fernost im Schnitt mit Verkaufshilfen von 1.100 bis knapp 3.000 Dollar je Auto.
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