Neue Salzburger "Zauberflöte" live in Ö1

Unkonventionell und mit schwarzem Humor

Es wird eine unkonventionelle Interpretation: Am Samstag hat Mozarts "Zauberflöte" in der Regie von Graham Vick Premiere. Unter der musikalischen Leitung von Riccardo Muti debütiert der Salzburger Jungstar Genia Kühmeier als Pamina. Ö1 überträgt live.

Tamino im Jogging-Anzug, die Schlange ringelt sich auf seinem Bett und die drei Damen steigen aus dem Kleiderkasten. Diese Bilder ließen sich die Darstellerin der Pamina, Genia Kühmeier, und Derek Weber, Dramaturg der neuen "Zauberflöten"-Inszenierung bei den Salzburger Festspielen im APA-Gespräch Anfang des Monats entlocken.

Regisseur dieser als unkonventionell angekündigten "Zauberflöte" ist Graham Vick, am Pult steht Riccardo Muti, kein Freund allzu experimenteller Inszenierungen, der die Wiener Philharmoniker und den Staatsopernchor leiten wird. Ö1 überträgt die Premiere live aus dem Großen Festspielhaus.

Mit britischem schwarzen Humor

Derek Weber hat die Zwischen-Texte in manchen Szenen stark gekürzt. "Man kann davon ausgehen, dass die Geschichte bekannt ist. Wir erzählen sie als psychologisches Entwicklungsstück. Aber bei der 'Zauberflöte' ist es wie bei einem Märchen: Man kann nicht alles logisch erklären. Es bleiben immer Widersprüche - unerklärliche Dinge - übrig. Wollte man die Geschichte strikt logisch erzählen, würde man scheitern. Auch der Spaß kommt nicht zu kurz - es wird viel britischen schwarzen Humor geben. Mehr will ich nicht verraten."

Dass Mozarts Meisterwerk nicht das sein wird, was viele als "Zauberflöte" kennen, bestätigt auch Genia Kühmeier, die Pamina dieser Produktion: "Regisseur Vick lässt sich in den Proben auch gerne von uns Darstellern inspirieren und kreiert im Moment. Das ist spannend, weil wir die Zeit bekommen, die Figuren in uns reifen zu lassen und damit auch den Raum, uns mit der Rolle zu identifizieren."

Jungstar Genia Kühmeier

Die Salzburger Sopranistin Genia Kühmeier debütiert mit dieser Partie bei den Festspielen. Zugleich ist der Jungstar, der seit 2003 festes Mitglied des Ensembles der Wiener Staatsoper ist, auch Mutter eines neu geborenen Buben. Fünf Wochen nach der, wie sie erzählt, nicht einfachen Entbindung, pendelte sie zwischen Stillen des Babys und "Zauberflöten"-Proben förmlich im Laufschritt hin und her.

Das Alter der erfrischend jungen Sängerin soll ihr Geheimnis bleiben, "meine Lehrerin und große Künstlerin Majana Lipovsek hat mir empfohlen, es für mich zu behalten", sagte sie schmunzelnd, "aber vielleicht ist das heute weniger wichtig als früher."

Mozart-Bewerb als Karriere-Grundstein

Ausgebildet wurde die Sopranistin am Mozarteum und später an der Wiener Musikuniversität. 2002 gewann Kühmeier den Internationalen Mozart-Wettbewerb in Salzburg: "Das war der Grundstein meiner Karriere und öffnete mir die Türe in die Staatsoper."

Seither hat sie dort die Ines in "La Favorite", die Adina in Donizettis "L'Elisir d'amore", die Marzelline im "Fidelio" und eben die Pamina gestaltet. Die Mailänder Scala, die Festivals von Luzern und Rheingau und die Ruhr-Triennale waren Kühmeiers wichtigste Opern- und Konzertstationen. Nikolaus Harnoncourt, Riccardo Muti, der ja auch die Salzburger "Zauberflöte" dirigiert, Marc Minkowsky, Kent Nagano und Roger Norrington haben mit ihr gearbeitet.

Erfüllung eines Jugendtraumes

"Bis Mitte Juni habe ich überlegt, ob ich die Zauberflöte in Salzburg absagen soll, das hätte mir mit meinem fünf Wochen alten Säugling wohl niemand übel genommen", erzählt Genia Kühmeier.

"Aber dieses Debüt in Salzburg, für mich so etwas wie ein Heimspiel und die Erfüllung meines Jugendtraumes, geben mir die Kraft, und mein Mann - selbst Sänger im Wiener Staatsopernchor - hilft entscheidend mit. Es ist schon was Besonderes, in Salzburg mit der Pamina zu debütieren. Freunde und die Familie werden da sein und mir die Daumen halten."

Sicherheit durch gute Technik

Kühmeier berichtet, ihre Nervosität auf der Bühne gut im Griff zu haben: "Ich glaube, das kommt von meiner guten Technik. Auf die muss man sich verlassen können, vor allem, wenn zu wenig geprobt wird. Das ist oft der Fall, außer bei Neuinszenierungen. Aber im Konzertbetrieb und im Repertoire-Betrieb der Oper gibt es eine gewisse Schludrigkeit, die oft auf Kosten der Qualität geht", erzählt die junge Sängerin.

Auf der Seite des Musiktheaters

Im alten Opernstreit zwischen Dirigenten und Regisseuren hat sich die junge Salzburgerin eindeutig auf die Seite des Musiktheaters geschlagen:

"Ich bin oft schockiert, wie viel Einfluss die Regisseure haben, die sich vor allem selbst verwirklichen wollen, ein Stück missbrauchen und verfälschen. Die Oper muss authentisch bleiben, oft wirkt es für mich lächerlich, einen Stoff aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu zerren. In der Oper geht es vor allem um die Musik und die Ästhetik", betont Kühmeier und fügt hinzu: "Wenn man moderne Opern will, sollte man moderne Opern schreiben."

Mehr zu aktuellen Berichten in Ö1 der Festspielsender

Buch-Tipp
Bernd Oberhoff, "Die Zauberflöte. Ein psychoanalytischer Opernführer", Psychosozial-Verlag, ISBN 3898062708

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