Über Pillenrabatte und Einsparungs-Potenziale

Gesundheit auf Rabatt?

Bei den Medikamenten zu sparen, ist eines der Hauptziele der Gesundheitspolitik. Kommissionen legen nach strengen Regeln die Preise fest. Für Aufregung hat daher gesorgt, dass die Pharmaindustrie Ärzten und Spitälern Rabatte gewährt.

Interview mit Gesundheitsökonom Franz Piribauer

In Österreich werden pro Jahr rund 2,5 Milliarden Euro für Medikamente ausgegeben, das sind 15 Prozent aller Ausgaben für die Gesundheit. Bei den Medikamenten zu sparen, ist eines der Hauptziele der Gesundheitspolitik.

Für Aufregung hat daher gesorgt, dass die Pharmaindustrie Ärzten und Spitälern Rabatte gewährt, die angeblich versickern. Der freie Markt und die staatlich behütete Gesundheit prallen da aufeinander.

Der Medikamenten-Markt

Der Markt für Medikamente hat so seine Besonderheiten. Der Arzt bestellt, beziehungsweise verordnet, der Patient schluckt und konsumiert, und ein Dritter zahlt, in den meisten Fällen - die Krankenkasse. Dazu kommt noch, dass die Produkte nur in Spezialgeschäften erhältlich sind - in den Apotheken - und das Verkaufpersonal akademisch geschult sein muss und daher auch eine entsprechende Entlohnung erwartet.

Strenge heimische Regelung

Der Medikamentenmarkt in Österreich ist streng geregelt. Die Preise werden von Kommissionen in einem zweistufigen Verfahren festgelegt. Es ist geregelt, ob und wo eine Apotheke aufsperren darf, oder ob eine ärztliche Hausapotheke in einem Dorf genügt. Die Krankenkassen verhandeln mit Herstellern und Apotheken über Preisnachlässe. Der europäische Durchschnittspreis für ein Medikament wird ermittelt und als Richtschnur genommen. Und - es geht um viel Geld ...

Die Ausgaben für Medikamente machen den drittgrößten Posten bei den gesamten Gesundheitsausgaben aus, hinter den Spitalskosten und den Ärztehonoraren. 2,15 Milliarden Euro haben die 196 Millionen Medikamentenpackungen gekostet, die 2003 über die Tara des Apothekers gegangen sind. Darin enthalten sind auch die Umsätze der Krankenhaus-Apotheken.

Pillen-Rabatte nur an Ärzte und Apotheken?

In diese geschützte Welt platzen nun Meldungen von riesigen Naturalrabatten an Ärzte mit Hausapotheken und riesigen Vergünstigungen durch die Pharmaindustrie. So sollen sogar Medikamente an Ärzte verschenkt werden. Das wohl bewahrte Gefüge bekommt Risse. Vor allem wird die Frage akut, ob die Preise für Arzneimittel für den Verbraucher nicht doch viel zu hoch sind.

Der Sprecher der österreichischen Pharmaindustrie, Jan Oliver Huber, bestreitet gar nicht, dass Naturalrabatte vergeben werden, an Ärzte mit Hausapotheken, aber auch an öffentliche Apotheken, an Apotheken in Krankenanstalten, aber auch an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger; er bezweifelt aber die kolportierte Höhe dieser Rabatte. Huber wäre auch gar nicht unglücklich, wenn diese Rabatte gesetzlich verboten würden. Dann kämen weder Ärzteberater noch Ärzte in Versuchung und unter Druck. Auch die Bereichssprecherin im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Beate Hartinger, ist diesen Rabatten gegenüber skeptisch. Ein Verbot wäre das Beste, sagt sie.

Detail-Vorschläge für Einsparungen

Völlig unterschiedliche Ansichten zwischen Pharmaindustrie und Hauptverband gibt es bei den Einsparungs-Potenzialen in Sachen Medikamentenpreise. Die Pharmig wirft den Sozialversicherungen übermächtige Marktmacht vor. Jan Oliver Huber von der Pharmig hat auch gleich Vorschläge für die Senkung der Medikamentenpreise parat, indem er eine Einsparung bei der in Österreich üblichen 20-Prozent-Mehrwertsteuer erwägt. In den Steuerreformplänen der Regierung ist dieser Vorschlag jedoch bis jetzt nicht aufgetaucht.

Das Argument der Pharmaindustrie, sie bekomme in Österreich besonders niedrige Preise, lässt Beate Hartinger vom Hauptverband nicht gelten. Sie sieht andere Spielräume für Einsparungen und nennt internationale Zahlen : "Wenn ich sehe, dass die Pharmaindustrie für die Herstellung und Forschung 40 Prozent ausgibt, 30 Prozent ins Marketing fließen und 30 Prozent Gewinne da sind, dann sollte man doch einmal darüber nachdenken, ob 30 Prozent für's Marketing überhaupt notwendig sind".

Externe Vergleiche nicht möglich?

Jan Oliver Huber lässt internationale Gewinnzahlen, die für die Pharmaindustrie genannt werden, nicht gelten. Sie seien nicht auf Österreich umzulegen. Das El Dorado der Pillendreher liege nicht in Österreich, auch nicht in Europa, sondern in Übersee.

Dem widerspricht Gesundheitsökonom Franz Piribauer: Gerade die USA mit ihrem privaten Gesundheitssystem könne man mit Europa und Österreich nicht vergleichen. In jenen Ländern wie den USA, die hohen Anteil an Marktelementen haben, seien die Pharmapreise höher als in Europa, wo das staatlich stark reguliert sei.

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