Über die Demokratie in Amerika
Der Vordenker der Demokratie
"Der Sieg der Demokratie ist unaufhaltsam". Zu dieser Erkenntnis kam Alexis de Tocqueville während einer Reise durch die Vereinigten Staaten. Als wichtigste Eigenschaft der Demokratie bezeichnete der französische Adelige die "Gleichheit der Bedingungen".
8. April 2017, 21:58
Alexis de Tocqueville nimmt in seinen Überlegungen zur Demokratie Gedanken vorweg, die heute die aktuelle politische Diskussion beherrschen.
Es sind dies Fragen: Wie ist das Verhältnis von individueller Lebensführung und Gemeinsinn? Welche Rolle spielt die Verantwortung in einer demokratischen Gesellschaft? Wie kann der ausufernde Bürokratismus zurückgedrängt werden?
Antirevolutionärer Gestus
Geboren wurde Alexis de Tocqueville am 29. Juli 1805 in der Normandie als Sohn einer adeligen Familie. Seine Eltern konnten dem Terror der Französischen Revolution nur knapp entkommen.
Dies war ein wesentlicher Grund, warum Tocqueville später die revolutionären Kräfte in Frankreich ablehnte und sich für die Demokratie in Amerika interessierte.
"Über die Demokratie in Amerika"
Das Ergebnis seiner Studien publizierte Tocqueville 1835 und 1840 in seinem umfangreichen Werk "Über die Demokratie in Amerika". Das Buch machte ihn schlagartig berühmt und trug ihm die Anerkennung der wissenschaftlichen Fachwelt ein
Kein Standesdünkel
Im Einführungskapitel schildert Tocqueville die Ausgangslage für die Entwicklung der amerikanischen Demokratie. Es ergab sich hier die Möglichkeit für die Entfaltung der Demokratie; weil ja keine starren gesellschaftlichen und politischen Dogmen existierten wie in Europa. Gefragt war der aktive, eigenverantwortliche Bürger, der sich in kleinen Gemeinschaften, den so genannten townships organisierte.
Mehrheit contra Minderheit
Tocqueville verwies in seinem Buch auf ein Problem, das in den zeitgenössischen Demokratien eine wichtige Rolle spielt. Er sprach von einer möglichen Tyrannei der Mehrheit, die auf Minderheiten keine Rücksicht nimmt.
Er stellte die Frage, an wen sich Minderheiten in einem Staat wenden sollen, in dem sich die Mehrheit alle Rechte gesichert hat.
Bedeutung der Religion
Wichtig für die Demokratie ist die Religion. Sie ist ein wirksames Mittel gegen die Hybris der Individualisierung. Die Aufgabe der Religion besteht darin, schrieb Tocqueville, "die allzu heftige Neigung zum Wohlergehen, die die Menschen im Zeitalter der Gleichheit empfinden, zu läutern, zu regeln und einzuschränken".
Die Überlegungen von Tocqueville sind für einen philosophischen Zeitgeist aktuell, der von einer "Wiederkehr der Religion" bestimmt ist.
Ein erfolgloser Politiker
Nach dem großen Erfolg seiner Studie über Amerika wandte sich Tocqueville der Politik zu. Er entwickelte den Ehrgeiz, seine theoretischen Einsichten als Politiker umzusetzen. Dabei hatte er wenig Erfolg. Bald kehrte er zur Theorie zurück.
1856 entstand eine umfangreiche Studie "Der alte Staat und die Revolution", in der Tocqueville eine eigenwillige Interpretation der Französischen Revolution vorlegte. Er entfaltete auch prognostische Fähigkeiten, als er Russland die Rolle der Gegenmacht zu Amerika zuwies. Am 16. April 1859 verstarb Tocqueville in Cannes.
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Buch-Tipp
Michael Hereth, "Tocqueville zur Einführung", Junius Verlag, ISBN 3885063336