Industrielle Nahrung

Food Design

Über eintausend neu entwickelte Industrienahrungsmittel gelangen jährlich in österreichische Supermarktregale. Der Trend geht zu Convenience-Food, zu Halb- und Fertigprodukten, konstruiert in den Töpfen einer kreativen Food-Design-Industrie.

Unsere Zivilisation beruht darauf, dass wir gelernt haben, Nahrung zu bearbeiten und für Notzeiten aufzubewahren. Als die drei bestimmenden Kulturleistungen auf diesem Gebiet gelten das Wissen um die Technik des Feuermachens, die Entwicklung der Landwirtschaft und -als dritter Meilenstein - die Einführung derLebensmittelindustrie.

Heute durchläuft ein Großteil unserer Nahrung einen industriellen Prozess: In Europa sind es etwa drei Viertel aller Nahrungsmittel. Anders als noch vor zwei Generationen nehmen wir mit jeder Nahrung Zusatzstoffe zu uns, die die Industrie zum Zweck der leichteren Verarbeitung, Haltbarkeit oder Geschmacksverstärkung einsetzt.

Wer sich die Nahrungsmittelindustrie als Frankensteins Küche vorstellt, in der in Reagenzgläsern neues kulinarisches Leben entsteht, wird enttäuscht sein. Der Großteil der Lebensmittelprodukte entsteht auf völlig triviale Art und Weise: es sind so genannte Me-Too-Produkte, die dem erfolgreichen Original-Produkt in fast allen Eigenschaften gleichen.

Der Flavourist als Geschmacksdesigner

Bei gewissen Gerüchen läuft uns buchstäblich das Wasser im Mund zusammen. Unsere Nase ist fähig, Tausende unterschiedlicher Aromen wahrzunehmen. Das Aroma ist ein essentieller Bestandteil des "Flavours", der speziellen Wechselwirkung zwischen Geschmack, Geruch und Konsistenz.

Was aber, wenn durch Konservierungsmethoden ein Großteil diese Geschmacks zerstört wird? Die Lebensmittelindustrie weiß sich zu helfen und hat einen eigenen Industriezweig ins Leben gerufen, der sich nur um die Genießbarmachung verarbeiteter Lebensmittel kümmert: die Aromaessenzenindustrie.

Chemisch gesehen bestehen Aromen aus einer Vielzahl von Einzelsubstanzen, den Aromastoffen. Ein natürliches Aroma kann aus mehreren hundert solcher Einzelsubstanzen bestehen, eine Erdbeere etwa entfaltet ihr Aroma aufgrund der Interaktion von über 300 verschiedenen chemischen Verbindungen.

Zusammenspiel des Geruchs- und Geschmackssinn

Ihr Geschmack ergibt sich in erster Linie aus dem Geruch der Gase, die durch das Kauen der Erdbeere freigesetzt werden. Das Gehirn kombiniert diese komplexen Duftsignale mit den Geschmackssignalen, die die Zunge wahrnimmt.

Jedes Aroma, jeder Geruch, hinterlässt so einen Eindruck im Gehirn. Beim Einsatz von künstlichen Aromen genügen bereits kleinste Mengen, um den großen Geschmack zu kreieren.

So reichen den Flavouristen der Aromaessenzen-Industrie nur einhundert Gramm Aroma, um einhundert Kilogramm Lebensmittel geschmacklich aufzuwerten. Etwa die Hälfte aller Lebensmittel aus dem Supermarkt sind mit Aromen versetzt - Süßwaren, Suppen und Fertiggerichte beispielsweise erhalten so ihr geschmackliches Profil.

Lebensmittel mit Mehrwert

Etwa acht Prozent der im Verkauf befindlichen Lebensmittel lassen sich unter dem Begriff "Designer Food" subsummieren. Darunter fallen etwa die Lebensmittel aus der "Functional Food"-Palette.

Diese "funktionellen Lebensmittel" enthalten Zusatzstoffe, etwa Vitamine oder Bakterien, denen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugesprochen wird. "Lasst Nahrung eure Medizin und Medizin eure Nahrung sein", soll schon der griechische Arzt Hippokrates vor über 2.400 Jahren verlautbart haben.

Wie ein Blick auf die Supermarktregale zeigt, nehmen ihn die Lebensmittelproduzenten heute mehr denn je beim Wort. "Unterstützt die körpereigenen Abwehrkräfte" - ist da etwa auf den Verpackungen zu lesen. Zwischen ganz normalen Joghurts, Müslipackungen und Fruchtsäften finden sich Produkte, die nicht nur satt, sondern auch gesund machen sollen.

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