Der Stellenwert der politischen Bildung

Erziehung zur Demokratie

Der Europarat hat das Jahr 2005 zum "Europäischen Jahr der Politischen Bildung" ausgerufen, um in den Mitgliedsstaaten Initiativen zur demokratiepolitischen Bildung zu fördern. In Österreich finden vom 27. April bis 15. Mai deshalb Aktionstage statt.

Seit 1978 ist Politische Bildung als Unterrichtsprinzip fest im österreichischen Schulwesen verankert. Die inhaltliche Berücksichtigung in allen Unterrichtsfächern und Schultypen prädestiniert Politische Bildung für einen fächerübergreifenden Zugang.

Politische Bildung in der Schule

Der Lehrplan zeigt, dass Politische Bildung mehr umfasst als das Wissen um politische Strukturen und Prozesse. Politische Bildung soll die Schüler/innen befähigen, eigenverantwortlich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen: "Politische Bildung ist eine Voraussetzung sowohl für die persönliche Entfaltung des einzelnen wie für die Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Ganzen. Sie ist … ein aktiver Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft und zur Verwirklichung der Demokratie. Wesentliche Anliegen der Politischen Bildung sind die Erziehung zu einem demokratisch fundierten Österreichbewusstsein, zu einem gesamteuropäischen Denken und zu einer Weltoffenheit, die vom Verständnis für die existentiellen Probleme der Menschheit getragen ist.“ (Grundsatzerlass 1978)

Politische Bildung ist in diesem Sinne eine Erziehung zur Demokratie. Das beinhaltet selbstverständlich auch Kritik an gesellschaftlichen und politischen Strukturen, um der Gefahr einer von staatlichen oder anderen Autoritäten vorgenommenen "Indoktrination" zu begegnen.

Gesellschaftliche Relevanz und politische Partizipation

Aktuelle Diskussionen wie jene der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre erhöhen die Relevanz der Politischen Bildung. Doch häufig wird die Bedeutung Politischer Bildung erst erkannt, wenn Krisen auftreten, wenn es darum geht, aufkommenden Neonazismus zu bekämpfen oder der Politikverdrossenheit entgegenzutreten. Der Politischen Bildung wird damit eine gesellschaftliche Reparaturfunktion zugewiesen.

Im 20. Jahrhundert wurde in Österreich die Diskussion um die politische Partizipation zugunsten der demokratischen Teilnahme aller Erwachsenen entschieden. Träger der Demokratie sind nun selbstbestimmte Staatsbürger/innen, die ihre Entscheidungen autonom treffen. Stabile sowie reflektierte Identitäten, Mündigkeit und Selbständigkeit sind Voraussetzungen für den in einer „lebendigen Demokratie“ nötigen Interessensausgleich zwischen Individuen und Gruppen. Sie bieten auch den besten Schutz vor demagogischer und populistischer Politik.

Der Stellenwert der Politischen Bildung zeigt sich in ihrer Verankerung in der Lehrer/innenaus- und -fortbildung. So ist Politische Bildung wesentlicher Bestandteil der Ausbildung im Fach Geschichte. Universitätslehrgänge und Fortbildungskurse erhalten und steigern zusätzlich die Kompetenz der Lehrer/innen in diesem Bereich.

Die Schule kann durch Politische Bildung einen wichtigen Beitrag für eine pluralistische Demokratie leisten. Sie kann jedoch nicht allein für das Funktionieren einer pluralistischen Demokratie sorgen. Politische Bildung muss auch im außerschulischen Bereich etabliert werden und zu einem wesentlichen Bestandteil des lebensbegleitenden Lernens avancieren.

Download-Tipp
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Buch-Tipps
Peter Filzmaier u. Daniela Ingruber, "Politische Bildung in Österreich: Erfahrungen und Perspektiven eines Evaluationsprozesses", Studienverlag, ISBN 3706515407

Thomas Hellmuth, Hg., "Politik verstehen. Informationen und Unterrichtsvortschläge zu Geschichte und Politische Bildung", Veritas 2002

Wolfgang Sander, Hg., "Handbuch politische Bildung", 3. Auflage, Schwalbach, ISBN 3899740998

Links
BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur - Politische Bildung
Europarat - Europäisches Jahr der politischen Bildung
Bundeszentrale für politische Bildung - Bonn
Servicestelle Politische Bildung
Demokratiezentrum Wien