Auferstehung - hier und jetzt

Sich dem Leben in die Arme werfen

Wenn ein Mensch tot ist, was wird dann von ihm auferstehen? Die Seele, das Fleisch, der Leib? Die moderne Theologie beschränkt Tod und Auferstehung nicht auf ein fernes Jenseits. Auferstehung heißt, sich dem Leben in die Arme werfen, hier und jetzt.

Die Theologin Ulrike Metternich zum Wort Auferstehung

So lange der Mensch lebt, so lange hofft er auf Nächstenliebe, Menschenfreundlichkeit oder dass es für alle Frieden geben könnte, und er hofft auf das ewige Leben. "Das ewige Leben erben" ist nicht irgendeine abstrakte Größe, sondern der Inbegriff unserer Hoffnungen.

Die Hoffnung auf Auferstehung des Leibes vom Tod irritiert allerdings. Denn wenn ein Mensch tot ist, was wird dann von ihm auferstehen? Und in welchem Alter wird der Mensch auferstehen; wird er krank oder gesund auferstehen?

Was kommt nach dem Tod?

Diese Frage bewegt Menschen immer wieder - die Kinder das erste Mal, wenn die geliebte Oma, der geliebte Opa stirbt - oder auch der Hund, die Katze, das Meerschweinchen. Und die Frage verschwindet nicht im Laufe des Lebens, ganz im Gegenteil.

Eine gängige christliche Vorstellung über die Auferstehung der Toten lautet: Die Menschen, die einem der Tod geraubt hat, wird man im Jenseits, im Himmel wieder sehen. Die meisten Christen von heute nehmen an, die "Seele" des Menschen würde auferstehen. Doch das Neue Testament spricht sehr entschieden von einer Auferstehung des Fleisches, einer Auferstehung des Leibes. Doch die Frage ist: Was ist der Leib? Ist die Haut die Grenze des Leibes?

Auferstanden von den Toten

Das ist die Basis des Christentums. Denn gestorben am Kreuz sind viele, aber nur von Jesus heißt es, er ist von den Toten auferstanden. Bereits in der Antike haben Menschen den Kopf geschüttelt über die Idee, ein Mensch könne leibhaftig den Tod überwinden. Und der Zweifel an der Auferstehung hält bis heute an - nicht nur bei skeptischen Gläubigern, sondern auch bei den Theologen. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden daher verschiedene Zugangsweisen.

Die These des Theologen Willi Marxen beispielsweise hat eine Frage zurückgelassen: Was soll das heißen, "die Sache Jesu geht weiter?" Offensichtlich stimmt die These, denn sonst gäbe es kein Christentum. Und doch bleibt eine spürbare Unzufriedenheit zurück. Denn im Wort Auferstehung steckt mehr.

Keine Sklaven des Todes

Auferstehung geschieht nicht erst nach dem Tod und im Jenseits, sondern wer getauft ist, der ist jetzt schon mit Christus auferstanden. Dies und Folgendes kann man im Römerbrief des Apostels Paulus nachlesen:

"Gott hat seinen Geschöpfen die Hoffnung gegeben, dass sie eines Tages vom Fluch der Vergänglichkeit erlöst werden. Sie sollen dann nicht mehr Sklaven des Todes sein, sondern am befreiten Leben der Kinder Gottes teilhaben".

Die Befreiung aus dem Sklavenhaus, der Auszug aus Ägypten - das ist das große Thema der jüdisch-christlichen Tradition. Als die Schwarzen in den USA als Sklaven gehalten wurden, war das Lied "Go down, Moses" eines der bekanntesten Spirituals. Diese Geschichte hat im Laufe der Jahrhunderte Menschen, die unterdrückt wurden, immer wieder Mut gegeben - nicht nur den schwarzen Sklaven in den Vereinigten Staaten.

Auferstehung - Auferweckung - Aufstehen

Man muss genau lesen, was in der Bibel steht, dann erlebt man manchmal wahre Wunder. Als Exegetin hat Luzia Sutter Rehmann die Auferstehungserzählungen viele Male genau gelesen. Sie hat die Texte mit ihren Kolleginnen Ulrike Metternich und Sabine Bieberstein diskutiert. Und dann war plötzlich klar: In der Bibel, im griechischen Text des Neuen Testaments, gibt es kein eigenes Wort für Auferstehung. Die drei deutschen Worte Auferstehen, Auferwecken und Aufstehen sind im Griechischen nur ein einziges Wort.

"Die sorgsame Unterscheidung zwischen der 'Auferstehung Jesu' und dem Umstand, dass ein Mensch mit neuer Kraft aufsteht, findet sich bereits in den ersten deutschen Bibelübersetzungen im 16. Jahrhundert", sagt Luzia Sutter Rehmann.

Die Grundkraft der Jesusbewegung

"Wenn man das Neue Testament ganz genau liest, entdeckt man rasch: Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten", meint Ulrike Metternich: "Auferstehung geschieht hier und jetzt, und nicht erst nach dem Tod". Und Luzia Sutter Rehmann ergänzt: "Aufstehen bzw. Auferstehen ist eine Grundkraft der Jesusbewegung. Nicht nur Jesus ist nach seiner gewaltsamen Tötung auferstanden bzw. aufgestanden gegen den Tod, sondern es sind zahlreiche Menschen damals und bis auf den heutigen Tag aufgestanden, auferstanden".

Die drei Herausgeberinnen Luzia Sutter Rehmann, Ulrike Metternich und Sabine Bieberstein schreiben im Vorwort des 2002 erschienenen Buchs "Sich dem Leben in die Arme werfen", wie wichtig es ist, die Auferstehungskraft im Alltag zu entdecken und zu benennen: Sie ist lebendig, hier, heute, jetzt.

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Buch-Tipp
Luzia Sutter Rehmann, Ulrike Metternich, Sabine Bieberstein: "Sich dem Leben in die Arme werfen", Gütersloher Verlagshaus, Februar 2002, ISBN 3579053817