Sinnlichkeit im Hohen Norden

"Giulio Cesare" in Kopenhagen

Dass barocke Oper viel mit Genuss und Lebensfreude zu tun hat, beweist Georg Friedrich Händel mit "Giulio Cesare". Handelt sie doch von den Sinnesfreuden des großen Feldherrn. Mit Andreas Scholl erlebt sie eine erstklassige Aufführung in Kopenhagen.

"Ei blot til lyst - Nicht nur zum Vergnügen" - steht in kapitalen Lettern über der Bühne des Königlichen Opernhauses Kopenhagen. Gemeint ist damit wohl, dass das, was in diesem Theater geboten wird. Auch sollte es letztendlich wohl die Welt besser machen.

In diesen Tagen trifft das sicher zu, steht doch Händels "Giulio Cesare" auf dem Programm und zwar mit in unseren Breiten total unbekannten Künstlern (bis auf Andreas Scholl).

Fra Bernardo war für Euch am vergangenen Montag bei der Premiere (weitere Vorstellungen: 11., 14., 16., 20. und 22. März 2005).

"Son nata a lagrimar"

"Geboren, um zu weinen", singen Cornelia und ihr Sohn Sextus nach der Ermordung des Pompeius. Das Publikum hält die Luft an, als dieses Duett von Randi Stene (Cornelia) und Tuva Semmingsen (Sextus) gesungen wird. Die Tränen kullern!

Die beiden jungen Sängerinnen können es leicht mit Stars der Szene aufnehmen. Die Geschmeidigkeit der Stimmen, die Textdeklamation, das Gefühl für das Tempo in der Musik ist kaum zu übertreffen.

Andreas Scholl als Giulio Cesare übertrifft die Erwartungen. Es gibt wohl keinen Konkurrenten für ihn in seinem Fach. Grandiose Bühnenpräsenz. Schauspielerisch, stimmlich und musikalisch einzigartig.

High End

Quasi unter Ausschluß der "Musikwelt" zieht der Cembalist Lars-Ulrik Mortensen seit einigen Jahren das Concerto Copenhagen zu einem "High End"-Ensemble heran. Viel fehlt nicht mehr, um die Weltspitze zu erreichen!

Mit der fulminanten Geigerin Sirkka-Liisa Kaakinen hat Mortensen auch eine Konzertmeisterin, die es offenbar versteht, mit den Streichern zu arbeiten. Mich erinnert das Concerto Copenhagen schon jetzt ein wenig an den frischen Klang, der Les Arts Florissants.

Lars-Ulrik Mortensen scheint auch - wie William Christie - bei der Erarbeitung der Produktionen äußerst gewissenhaft vorzugehen. Sein Orchester füllt den Theaterraum mit einer Dynamik, die vom Pianissimo bis zum Forte reicht. In offenbar intensiver Probenarbeit wurde eine Produktion auf die Beine gestellt, die nichts zu wünschen übrig lässt.

Jedenfalls ist der "Giulio Cesare" in Kopenhagen eine Reise wert. Vielleicht fahr' ich auch noch einmal hin!!!

Highlights

Zu den schönsten CDs des Concerto Copenhagen zählen für mich die "Cembalokonzerte BWV 1052, 1053 & 1054" (cpo 999 989-2) von Johann Sebastian Bach.

Es ist eine schlanke, nicht übertrieben auf Virtuosität ausgerichtete Interpretation, die für mich zwischen jenen von Gustav Leonhardt und Ton Koopman angesiedelt ist.

Auch mit dem Concerto Copenhagen ist die Aufnahme von Johann Adolph Scheibe: "Sinfonie" (chandos 0696). Dabei handelt es sich um Raritäten, die am Dänischen Hof aufgeführt wurden. Wie die CD-Einspielung beweist, war Johann Adolph Scheibe nicht nur eine bemerkenswerter Musikschriftsteller („Critische Musicus“), sondern als Dänischer Hofkapellmeister auch ein begabter Komponist.

Ein anderes Highlight für Freunde der Klassik sind Joseph Haydns Klavierkonzerte mit Ronald Brautigam (BIS-CD-1318). Gespielt wird auf einem Hammerklavier; transparent, virtuos die Soli und facettenreich die Orchesterbegleitung.

Soli Deo Gloria

Euer

Fra Bernardo (alias Bernhard Trebuch)

CD-Tipps
Johann Sebastian Bach, "Cembalokonzerte BWV 1052, 1053 & 1054", Concerto Copenhagen, cpo 999 989-2

Johann Adolph Scheibe, "Sinfonie", Concerto Copenhagen, chandos 0696

Joseph Haydn, "Klavierkonzerte", Ronald Brautigam, BIS-CD-1318

Veranstaltungs-Tipp
"Giulio Cesare", 11., 14., 16., 20. und 22. März 2005, 19:00 Uhr, Königliches Opernhaus Kopenhagen

Links
Königliches Opernhaus Kopenhagen
Concerto Copenhagen
Andreas Scholl
Andreas Scholl Society