Eine Frau für alle Fronten

Dietlinde "Lilli" Gruber

Im Fernsehen war sie schon lange ein Star. Jetzt glänzt Dietlinde "Lilli" Gruber auch in der Politik: Die ehemalige Nachrichtensprecherin schlägt Regierungs-Chef Silvio Berlusconi mit seiner eigenen Waffe - mit Showtalent.

Lilli Gruber im Gespräch mit Michael Kerbler

Ihre Namen sind Giuliana Sgrena, Florence Aubenas und Raeda Al-Wazzan. Die drei Frauen waren als Journalistinnen im Irak unterwegs, um der Öffentlichkeit ein Bild davon zu vermitteln, wie die Lage im Land tatsächlich ist.

In ständiger Lebensgefahr

Während ausländische Journalisten und Journalistinnen immer wieder als Geiseln genommen werden und manchmal unter glücklichen Umständen freikommen, was die westliche Welt im Augenblick im Falle Giuliana Sgrenas und Florence Aubenas hofft, arbeiten irakische Reporterinnen und Reporter unter permanenter Lebensgefahr. Sie können nicht nach ein paar Wochen nach Hause fahren. Raeda Al-Wazzan, wurde - gemeinsam mit ihrem zehnjährigen Sohn - am 20. Februar entführt. Der Bub wurde nach drei Tagen freigelassen, am vergangenen Samstag fand man die Leiche der jungen Journalistin.

Von den 47 Journalisten und Medienmitarbeitern, die seit dem Beginn des Irakkrieges vor zwei Jahren ermordet wurden, stammen 26 aus dem Irak.

Auch Dietlinde "Lilli“ Gruber war als Reporterin für den staatlichen italienischen Fernsehsender RAI im Irak. Sie schrieb ein Buch über ihre Tage in Bagdad, das ein Bestseller in Italien wurde und das jüngst auch in französischer Sprache erschienen ist.

Vom Privatradio in die Politik

Begonnen hat die Karriere der aus Neumarkt im Südtiroler Unterland stammenden Gruber bei einem Privatsender. 1983 wurde sie von der RAI in Bozen als Redakteurin eingestellt. 1987 rückte sie zur ersten RAI-Journalistin auf, die die Hauptnachrichten moderierte. Bei der RAI machte sich Gruber schnell einen Namen mit ihrer zupackenden Moderation, später als Sonderkorrespondentin in Deutschland beim Fall der Mauer, im Golfkrieg und in den USA nach den Ereignissen nach 09/11.

Während des Irak-Kriegs berichtete Gruber aus Bagdad. Die prominente Journalistin entschied sich vor bald einem Jahr auf Drängen des Anführers des oppositionellen Mitte-Links-Bündnisses Romano Prodi als Spitzenkandidatin an den Europawahlen im Juni 2004 teilzunehmen.

Die Südtirolerin fuhr einen überwältigenden Sieg ein. So erhielt "Lilli, die Rote", wie die Journalistin auf Grund ihrer Haarfarbe und ihrer politischen Sympathien genannt wird, in Rom doppelt so viele Vorzugsstimmen wie der italienische Regierungschef und Spitzenkandidat der Forza Italia, Silvio Berlusconi, ein. Insgesamt votierten 1,2 Millionen Stimmberechtigte mittels Vorzugsstimmen für die Journalistin.

"Lilli" Gruber pendelt jetzt zwischen Brüssel, Straßburg, Rom und Paris, wo sie mit ihrem Mann lebt, als Europa-Abgeordnete. Medienfreiheit, europäische Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten, aber auch die politische Situation in Italien und Initiativen gegen das Netzwerk Berlusconi sind jene Themenbereiche, denen sie sich mit besonderem Engagement widmet.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipps
Bettina Gaus, "Frontberichte - Die Macht der Medien in Zeiten des Krieges“, Campus Verlag, ISBN 3593375435

Carolin Emcke, "Von den Kriegen - Briefe an Freunde“, S. Fischer Verlag, ISBN 310017013X

CD-Tipp
"Im Gespräch Vol. 7", ORF-CD, erhältlich im ORF Shop

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Lilli Gruber