Die Geschichte der Rhetorik

Die Kunst des Redens

Verbale Überzeugung und Täuschung sind keine Erfindungen der Mediengesellschaft. Die Rhetorik blickt auf eine lange Geschichte zurück. Noch immer genießen die Ratschläge für eine gute Rede, die Aristoteles oder Cicero aufgestellt haben, große Beachtung.

30 Minuten für gute Rhetorik", "Geheimwaffe Rhetorik", "Nie wieder sprachlos". Die Ratgeberliteratur zum Thema Rhetorik ist kaum überschaubar und verheißt Wunder. Ohne Anstrengung - so wird suggeriert - könne jeder zum guten Redner werden. Tipps und Tricks, mit denen man sich im Wettbewerb gegen andere durchsetzen kann, werden versprochen. Rhetorik wird zum Werkzeug und manchmal gar zur Waffe.

Die Kunst zu Überzeugen

Doch was ist eigentlich gemeint, wenn von Rhetorik die Rede ist? Der Tübinger Rhetorikprofessor Joachim Knape verweist auf zwei antike Definitionen: Rhetorik als die Kunst des guten Redens und Rhetorik als die Kunst zu überzeugen. Weitere Definitionen zielen auf die soziale und anthropologische Situation des Menschen.

Rhetorik bedeutet aber auch kommunikative Kompetenz, das Vermögen, kommunikative Techniken erfolgreich umzusetzen, um kommunikative Ziele zu erreichen. Kommunikative Kompetenz ist allerdings mehr ist als das bloße Beherrschen bestimmter Techniken. Daher ist auch Flexibilität ein Kennzeichen eines guten Redners

Ursprung in der griechischen Antike

Den ersten Höhepunkt erreichte die Rhetorik in der griechischen Antike. Ihre Entstehung hängt eng zusammen mit der Ausbildung der attischen Demokratie. Politische Rede und Gerichtsrede halfen, Interessen zu vereinbaren und über Schuld und Unschuld zu entscheiden. Die dritte Redegattung war jene der Lobrede. Vor allem die dreibändige Rhetorik des Aristoteles prägte die Entwicklung der Rhetorik nachhaltig.

Die Vorstellung, Worte als Mittel für Kampf und Auseinandersetzung zu verwenden, kommt aus der klassischen Rhetorik. Cicero hat die Rhetorik als Begleiterin des Friedens bezeichnet, weil die Verhandlung an die Stelle eines bewaffneten Kampfes treten kann.

Von den Römern bis ins 21. Jahrhundert

In der römischen Antike wurde die Redekunst vor allem durch Cicero und Quintillian geprägt. Nach Cicero sollte eine gute Rede belehren, den Hörer geneigt machen und bewegen. Seit der Spätantike gehörte die Rhetorik zum Kanon der Sieben freien Künste und stand im Mittelpunkt der Ausbildung.

Auch im Mittelalter war der Stellenwert der Rhetorik durchaus hoch. Zu einer neuen Blüte der klassischen Rhetorik kam es in der Renaissance.

Auch im 19. Jahrhundert war die Rhetorik präsent, obwohl sie im Bereich der wissenschaftlichen Ausbildung an Bedeutung verlor. Die Entstehung neuer politischer Strömungen wie Liberalismus und Nationalismus führte zu einem Aufschwung der politischen Rhetorik.

Die Instrumentalisierung der Rhetorik durch die totalitäre Propaganda führte im 20. Jahrhundert zu ihrer Diskreditierung. Rhetorik wurde häufig mit Demagogie gleichgesetzt. In Europa erfolgte die Wiederentdeckung der Rhetorik in den 1960er Jahren.

Heute gilt gut reden und sich präsentieren zu können, als Grundvoraussetzung für beruflichen Erfolg und soziales Prestige.

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