Wiederentdeckte Opernraritäten
Il Prete amo-Rosso
In den vergangenen Jahren wurde Antonio Vivaldi, der musikalische Seelenmaler Venedigs, als Opernkomponist wiederentdeckt. Italienische und französische Einspielungen erweisen sich dabei als Volltreffer. Außerdem: Ausstellungstipps und Weinempfehlungen.
8. April 2017, 21:58
Venedig, die Stadt der Leidenschaften, der Seufzerbrucke, der schummrigen Kanäle - seit Jahrhunderten ein lebendiges Museum, ein Ort für viele die Seele baumeln zu lassen.
1588 starb in der Lagunenstadt ein zu seiner Zeit nicht unumstrittener Maler, der Veroneser Paolo Veronese, dem noch bis Ende Mai im Museo Correr eine Ausstellung gewidmet ist. Sollte man unbedingt besuchen!
Leidenschaften
Weiß man kurioser Weise über das Privatleben von Händel so gut wie nichts, so muss man nicht erst die Erzählung "Il Prete Rosso" von Ulrike Längle (Residenz Verlag) lesen, um zu wissen, dass der rote Priester Antonio Vivaldi sich durchaus die Freiheit nahm, seine Leidenschaften auszuleben.
So unterhielt er eine Langzeitbeziehung zur Sängerin Anna Girò. Gerüchten nach soll der Priester auch Beziehungen zu seinen Schülerinnen aus dem Ospedale della Pietà gehabt haben. Dass das der hohen Geistlichkeit nicht gefallen konnte, versteht sich auch heute noch von selbst(?): Don Antonio Vivaldi, ein Priester, der sich weigert, die Messe zu lesen und beinahe öffentlich seine Leiden- und Liebschaften pflegt. Wie auch immer, uns bleibt seine Musik.
Raritäten
Konnte Vivaldi zu seiner Zeit im sonnigen Süden, aber auch diesseits der Alpen Erfolge einheimsen, so kümmern sich erst jetzt wieder Franzosen und Italiener um seine Bühnenmusik. Diese zeigt die erstaunliche Fähigkeit Don Antonios, Personen in der Musik zu charakterisieren, eine schier unerschöpfliche Vielfalt von Stimmungen zu erzeugen, die emotionellen Wogen in Musik zu setzen.
Beim französischen Label "Opus 111" erschien bereits eine Edition der Werke Vivaldis, die sich in der Nationalbibliothek in Turin erhalten haben. Brandneu: die Opern "Orlando Furioso" und "Orlando finto pazzo". Zwei Aufnahmen, die ich nur wärmstens empfehlen kann.
Vor allem "Der rasende Roland" nach Ariosts berühmten Roman (Schande: momentan auf deutsch nicht mehr erhältlich) hats mir angetan: Zu den fulminanten Sängerinnen Marie-Nicole Lemieux, Jennifer Larmore und Veronica Cangemi gesellt sich das überaus spritzig musizierende Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi.
Soli Dei Gloria
Eurer
Fra Bernardo (alias Bernhard Trebuch)
Tipp
Wer ein Glaserl erlesenen Weines so zwischendurch in Venedig trinken will, der besuche die Cantina "Do Mori", San Polo 429, Calle die Do Mori, 8:30 bis 20:30 Uhr, Sonntag Ruhetag und (seit 1. Jänner 2005) natürlich Nichraucherlokal. Der Wein schmeckt aber trotzdem!
Links
Museo Correr
Residenz Verlag
Opus 111
Nationalbibliothek in Turin
Marie-Nicole Lemieux
Jennifer Larmore
Veronica Cangemi