Militärische Logik oder blanker Terror?
Dresden, 13. Februar 1945
Mit Kranzniederlegungen auf dem Heidefriedhof haben am Sonntag die offiziellen Gedenkveranstaltungen zum 60. Jahrestag der verheerenden Luftangriffe auf Dresden begonnen. In seiner Studie kommt Frederick Tayler zum Schluss: der Terror war Teil der militärischen Logik.
8. April 2017, 21:58
Um die Zerstörung des architektonischen Juwels Dresden ranken sich bis heute politische Mythen. Den einen gilt die Bombardierung einer mit Flüchtlingen überquellenden ostdeutschen Stadt als sinnloses Verbrechen der Alliierten, den anderen als grausamer Höhepunkt einer militärischen Logik im konventionellen Bombenkrieg. Oder gab es andere Gründe, eine industriell und militärisch unwichtige Stadt dem Erdboden gleichzumachen? Wer war innerhalb des alliierten Bündnisses spiritus rector dieses Entschlusses, der hauptsächlich von britischen, in derzweiten Welle von amerikanischen Lufttruppen ausgeführt wurde?
Das sind die Fragen, die der britische Autor Robert Taylor zu beantworten angetreten ist. Sein Buch wurde bereits mit Spannung erwartet. Fest steht zunächst nur eines: dass diese Fragen noch 60 Jahre "danach" ungeklärt sind, dass bis heute weitgehend unbekannt ist, was am 13. und 14. Februar 1945 tatsächlich geschehen ist, deutet auf gravierende Probleme bei der historischen Aufarbeitung hin.
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Strategische Entscheidung
Mit den ersten Gegenangriffen auf Berlin im September 1940 setzten die Vergeltungsaktionen für deutsche Luftangriffe auf London ein. In eine neue Phase trat der Luftkrieg als 1942 die Weisung erging, "Flächenbombardements" anstelle der bisherigen Präzisionsangriffe auf Munitionsfabriken, Ölraffinerien oder Verkehrsknoten durchzuführen. Tatsächlich war dies die Konsequenz aus dem Versagen der RAF, punktgenaue Ziele zu treffen. Da nun Stadtgebiete angegriffen werden sollten, waren zivile Opfer als "unvermeidliche Konsequenz" einkalkuliert. Damit trat der Luftkrieg in eine neue Etappe ein: er wurde zu einem Mittel der moralischen Kriegsführung.
Warum Dresden?
Dresden war zu der Zeit eine Stadt des Gewerbes ohne militärische oder industrielle Bedeutung. Die Antwort liegt in einem Strategiewechsel der alliierten Kriegsführung begründet. Mit der Operation gegen Ostdeutschland sollte zur Unterstützung der Russen ein Chaos angerichtet werden, um die letzte Kampfmoral der Deutschen zu zerstören und den russischen Vormarsch zu unterstützen.
In Dresden und Umgebung fanden rund 40.000 Menschen den Tod. Die Verantwortung für die Zerstörung wurde auf den Schultern aller Alliierten zu verteilen versucht. Laut einer britischen Version hatten die Russen schon in Jalta die Bombardierung Dresdens gefordert. Französische Quellen werden nicht genannt.
Eine Schwäche des Buches
Allen Vorankündigungen zum Trotz liefert die Veröffentlichung keine systematische historische Aufarbeitung, sondern bleibt auf halber Strecke stehen. Frederick Taylor hat eine beachtliche Studie verfasst, die er - auch was die Abfassung des Textes betrifft - ein wenig kursorisch zurück lässt.
Buch-Tipp
Frederick Taylor, "Dresden - Dienstag, 13. Februar 1945. Militärische Logik oder blanker Terror?", aus dem Englischen von Friedrich Griese, C. Bertelsmann, ISBN 3570006255