Norwegen ist auch im Winter eine Reise wert

Wo das Nordlicht tanzt

Norwegen, wo der Winter sozusagen "zu Hause" ist, hat auch in der kalten Jahreszeit viel zu bieten. Rentier- oder Schlittenhundefahrten in der prachtvoll verschneiten Fjordlandschaft gehören ebenso dazu wie etwa eine Nacht im "Iglu-Hotel" in Alta.

Zur Dramatik der Landschaft und des Wetters trägt auch das Licht bei. In der "Mörketid", der dunklen Jahreszeit, bleibt die Sonne nördlich des Polarkreises hinter dem Horizont verschwunden. Wenn die Schleier des Nordlichts über den nächtlichen Himmel tanzen, vom Grünlichen ins Gelbliche und sogar ins Rötliche changierend, hat man unwillkürlich das Gefühl, sich nicht mehr in dieser, sondern in einer anderen Welt zu befinden.

Ehemalige Ghost-town Nyksund

In dem entlegenen Ort Nyksund am äußersten Ende der Vesteralen-Inselgruppe, der nur über eine schmale Stichstraße zu erreichen ist, überwintert nur etwa ein Dutzend Menschen. Vor ein paar Jahren waren es nur drei. Und noch vor 20 Jahren überhaupt niemand: Der Fischerhafen war vollkommen verlassen, eine "ghost town".

Die Bevölkerung war in den 1970er Jahren abgesiedelt worden, weil die Behörden der Meinung waren, es sei zu mühselig und kostspielig, hier am Ende der Welt die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. In den 1980er Jahren wurde der Ort von ein paar deutschen Aussteigern wiederentdeckt. Wer einmal in Nyksund war, wundert sich nicht, warum: Es gibt kaum einen Ort, bei dem man mehr das Gefühl hätte, ganz weit weg zu sein, und das insbesonders im Winter.

Die exponierte Lage Nyksunds ganz draußen am Atlantik führt zu extremen Wetterumschwüngen. Grandiose Lichtspiele, wenn die Sonne durch die Wolken bricht, wechseln mit Düsternis, als ob die Welt im nächsten Moment untergehen würde.

Winterreise mit dem Auto

Wer Norwegen im Winter mit dem Auto bereist, der muss sich auf Schneefahrbahnen gefasst machen. Die Straßen werden zwar geräumt, aber Salz ist verpönt, auch gestreut wird eher nur in Ausnahmefällen. Die Norweger fahren mit speziellen Winterreifen oder mit Spikes, der Mitteleuropäer muss auf Schneeketten zurückgreifen. Das bedeutet, dass man Hunderte, ja eventuell sogar Tausende Kilometer im 2. Gang zurücklegt. Doch man kommt ohnehin nur langsam voran; zum einen, weil man immer wieder eine Fähre nehmen muss, zum andern, weil die überwältigende Landschaft häufig einen Zwischenstopp verlangt.

Fahrt mit dem Hundeschlitten

Tore Albrigtsen betreibt unweit von Tromsö ein so genanntes "Wildniszentrum", von dem aus man Ausfahrten in die unberührte Natur ringsum unternehmen kann - in gefütterten Overalls und mit dicken Filzstiefeln gegen die Kälte geschützt.

Längstes Schlittenhunderennen Europas

Am Tag des Rennens sind nicht nur die Hunde aufgeregt, sondern auch die Hundeführer oder "Musher", wie man fachmännisch sagt. Das längste Schlittenhunderennen Europas und zweitlängste der Welt - nur in Alaska gibt es ein noch längeres - startet jedes Jahr in Alta im hohen Norden Norwegens.

Das Iglu-Hotel bei Alta

Knut Saxe Kjeldsberg ist es gewohnt, dass ihm die Früchte seiner Arbeit jedes Jahr fast im wahrsten Sinne des Wortes zwischen den Fingern zerrinnen. Einige Male schon hat er das "Alta Iglu Hotel" aufgebaut, das der Frühling verlässlich wieder zum Verschwinden bringen wird. Knut Saxe Kjeldsberg ist nicht nur der Architekt seines Hotels, das jedes Jahr aus etwa 2.000 Tonnen Schnee erbaut wird, er ist auch für die Kunst am Bau zuständig: Aus ca. 200 Tonnen Eisblöcken, die aus dem zugefrorenen Alta-Fluss geschnitten werden, fertigt er die Einrichtung und die Innendekoration des Iglu-Hotels an.

Vor zwei Jahren waren die Wikinger an der Reihe. Bläulich schimmert das Eis der überlebensgroßen Figuren. Sie sind so raffiniert angestrahlt, dass es aussieht, als ob sie von innen her leuchten würden. Geheimnisvoll, aber frostig. Beim Schlafen friert einen jedenfalls nicht, dafür ist in den 22 Schneehöhlen bestens gesorgt. Auch wenn das Bett selbst aus purem Eis besteht, so ist die Matratze darauf die bestmögliche Unterlage, um die Kälte abzuhalten: ein dickes Rentierfell. Dazu noch ein Schlafsack, in dem man Temperaturen bis zu minus 40° vertragen kann, und es steht nichts mehr im Wege, um wie ein Stein zu schlafen.

Im Winter zum Nordkap

Die touristischen Einrichtungen am Nordkap werden im Winter zwar nicht ganz geschlossen, aber nur auf Sparflamme in Betrieb gehalten für die wenigen, die hierher kommen. Das ist nicht ganz einfach: Der Schranken, mit dem die Straße gesperrt ist, wird nur zur Mittagszeit für ein paar Stunden geöffnet, und auch das nur, wenn die Witterung es erlaubt.

Wenn das Wetter sie überhaupt zulässt, dauert die Fahrt von Honningsvag aus bis zum Nordkap nur eine knappe Stunde. Und dann steht man also am Ziel der Reise, auf 71° nördlicher Breite, und blickt vom 300 Meter hohen Felsen aufs Meer hinunter, wo ein paar Fischkutter schaukeln, dicht umflattert von Schwärmen von Möwen, während auf dem schneeverwehten Felsplateau nur ein Häuflein Gleichgesinnter in der klirrenden Kälte herumstapft.

Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 7. Jänner 2007, 10:06 Uhr

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Buch-Tipps
"Norway", Lonely Planet

"Skandinavien - der Norden", u. a. mit der Beschreibung einer abenteuerlichen Winterreise zum Nordkap, Reise Know-How

"Richtig reisen - Norwegen", Dumont