Künstler, Kurator und Staatsherr
Carl Michael von Hausswolff
Carl Michael von Hausswolff bereist und erforscht die weißen Flecken auf der Karte der Musiklandschaft. Dabei horcht er auch schon mal ins Jenseits. Seine musikalische Arbeit lässt sich mit dem Begriff konzeptionelle Musik fassen.
8. April 2017, 21:58
Ausschnitt aus "Operations Of Spirit Communication"
Carl Michael von Hausswolff arbeitet mit den unterschiedlichsten Medien, mit Fotographie und Video. Hausswolff baut Installationen und er arbeitet mit Sound, wobei sich seine musikalische Arbeit wohl am besten mit dem Begriff konzeptionelle Musik fassen ließe, so der gebürtige Schwede.
Raum-Klang
Hausswolffs künstlerische Arbeiten kreisen jeweils um ein bestimmtes Thema, oftmals um Themen von sozialpolitischer Brisanz. Immer wieder steht dabei die Beziehung von Klang und Raum im Zentrum. In den Stücken auf der 2002 erschienen CD "A Lecture on Disturbances in Architecture" deutet Hausswolff etwa mit Hilfe von Sound und Musik auf unterschiedliche architektonische Schwachstellen hin, die viele Wohnbauten aufweisen.
Auf der CD "Three Overpopulated Cities Built By Shortsighted Planners, An Unbalanced And Quite Dangerous Airport And An Abandoned Church” nimmt der Künstler unter anderem die Bausünden der Stadtplaner von Mexico City, Tokio und Bangkok ins Visier.
Referenzpunkt Sinuston
Carl Michael von Hausswolff modelliert seine Stücke gerne aus Sinustönen. Ein paar vereinzelte Sinustöne, so Hausswolff, würden für die Menschen Referenzpunkte darstellen, zum Beispiel der Sinuston von 440 Herz, denn so klinge das Freizeichen des Telefons. Auch mit bestimmten Sinuston-Kombinationen verbinden die Menschen eine konkrete Vorstellung.
"Zum Beispiel erkennt man den Klang von Schlüsseln, dieses Klimpern von aufeinander schlagendem Metall", so Carl Michael von Hausswolff. "Hört man das, so denkt man sofort: Hier verschafft sich soeben jemand Zugang zu einem abgesperrten Raum. Man kann diesen Klang aber auch einfach nur als eine Kombination von Sinustönen betrachten und sich eben die Frage stellen, was diese Kombination von Sinustönen nun repräsentiert und wie man mit neuen Kombinationen von Sinustönen neue Referenzpunkte bilden kann."
Im Gespräch mit dem Jenseits
Für seine Arbeit mit Sound und Musik verwendet Carl Michael von Hausswolff eine Vielzahl an Instrumenten: Kassettenrekorder, Radio- und Radargeräte, verschiedene Mikrophone und eine Reihe von speziell angefertigten Sinusgeneratoren. Sein Interesse an der Arbeit mit Sinustönen, erzählt Hausswolff, wurde nicht zuletzt auch durch die Experimente seines Landsmannes Friedrich Jürgenson geweckt, der sein Leben dem Versuch gewidmet hatte, mit dem Jenseits in Kontakt zu treten.
Carl Michael von Hausswolff: "Diese Technik wurde in den 1970er Jahren entwickelt. Sie heißt Spirit Com. Man schickt eine bestimmte Kombination an Sinustönen über eine Radiofrequenz von einem Sender zu einem Empfänger, die es den Seelen im Jenseits ermöglicht, sich in den Klangwellentransfer einzuklinken und so kann man schließlich mit diesen Seelen oder Geistern kommunizieren."
Wenn Geister kommunizieren
Als kurzzeitiges Mitglied des Hafler Trios startete Carl Michael von Hausswolff gemeinsam mit Andrew McKanzie seine ersten eigenen Versuche, mit den Seelen im Jenseits in Kommunikation zu treten.
Im Jahr 2000 ist dann schließlich bei dem Label "Die Stadt" die LP "Operation of Spirit Communication" von Hausswolff erschienen, der letztes Jahr eine 7inch mit zwei neuen Stücken gefolgt ist.
Nein verschließt alle Türen
In seiner Funktion als Kurator hat sich Hausswolff auch des umfangreichen Archives des 1987 verstorbenen Friedrich Jürgenson angenommen und gemeinsam mit den Färgfabriken die Friedrich Jürgenson Stiftung gegründet.
Auf die Frage, ob er denn selbst an ein Leben im Jenseits glauben würde, meint er: "Es ist viel interessanter, Ja zu sagen anstatt Nein. Nein zu sagen, das verschließt alle Türen und alle Möglichkeiten. Deswegen mache ich ja auch all diese Arbeit. Wenn ich im Elektrizitätssystem nach Geistern oder Seelen suche, dann heißt das nicht gleich automatisch, dass ich sie auch unbedingt finden muss. Es geht viel mehr darum, zu zeigen, welch viele, verschiedenen Möglichkeiten es gibt."
Elgaland-Vargaland
Carl Michael von Hausswolff ist nicht nur als Künstler und Kurator, sondern auch als Staatsmann tätig, nämlich als Herr von Vargaland. Am 27. Mai 1992 erklärten er und Leif Elggren alle Niemandsländer, sowie jene Gewässer, die unmittelbar an die Grenzen territorialer Gewässer anschließen, zu ihrem Königreich Elgaland-Vargaland, wobei die Staatsgeschäfte in Elgaland selbstredend Leif Elggren übernommen hat.
In weiterer Folge wurden auch sämtliche mentalen und digitalen Grenzzonen annektiert und vor zwei Jahren begann man mit der Gründung von N.U.N., den "New United Nations", an einem maßgeschneiderten internationalen Umfeld zu arbeiten.
Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 12. April 2007, 23:05 Uhr
CD-Tipps
A Lecture On Disturbances In Architecture, Firework Edition Records, FER1036
Three Overpopulated Cities Built By Short-sighted Planners, An Unbalanced And Quite Dangerous Airport And An Abandoned Church, Sub Rosa, ASIN B0001WGP4M
Vinyl-Tipps
Operations Of Spirit Communication, Die Stadt, DS 31
Operations Of Spirit Communication (7"), Die Stadt, DS 31A
Links
Discogs - Carl Michael Von Hausswolff
Elgaland-Vargaland
Färgfabriken
Färgfabriken - Friedrich Jürgenson Foundation