Neues vom "Störenfried im Schweigensreich"
Das Labyrinth
Der neue Roman von Gerhard Roth ist ein Roman über österreichische Geschichte, über Kunst, Religion und Wahn. Nach dem Neusiedersee, nach Japan, Griechenland und Ägypten, den bisherigen Schauplätzen, ist Gerhard Roth mit dem "Labyrinth" jetzt in Wien angekommen.
8. April 2017, 21:58
Die Wiener Hofburg brennt. Es ist ein spektakulärer Auftakt, den Gerhard Roth für seinen neuen Roman gewählt hat. "Die Hofburg steht für ein Labyrinth und gleichzeitig auch für die Geschichte des Bewusstseins eines Landes", erklärt Gerhard Roth. "Die brennende Hofburg steht eben dafür, dass diese Geschichte von einem Brandstifter in Brand gesetzt wird."
Dieser Brandstifter ist Gerhard Roths Protagonist Philip Stourzh, Historiker und Hilfspfleger im Psychiatrischen Krankenhaus Gugging und einer von vier Erzählern, die - zwischen Wahn und Wirklichkeit - den Leser in ein spannendes Verwirrspiel mit wechselnden Perspektiven führen - eben in ein Labyrinth.
Auseinandersetzung mit der Geschichte der Habsburger
"Ich glaube, dass es auch einem Genuss des Lesers entspricht, an der Nase herumgeführt zu werden", denkt Roth. Der Roman will dem Leser die Möglichkeit geben, wie durch ein Schloss zu wandern, in einen Raum hineinzugehen, sich dort aufzuhalten, und dann wieder in ein anderes Zimmer weiter zu gehen. In den Zimmern begegnet man dem spanischen Dichter Fernando Pessoa, dem Don Quichotte von Cervantes, Franz Kafka oder auch Österreichs letztem Kaiser, Kaiser Karl.
Roth wollte sich in dem Buch mit der Geschichte der Habsburger auseinandersetzen und hat sich dafür einen Kaiser gesucht, der nicht so bekannt war. "Ich war überhaupt nicht begeistert, dass die Seligsprechung für Kaiser Karl erfolgte", erzählt Roth. "Aus zweierlei Gründen: Erstens hat mir dieses Ereignis den Karl 'weggenommen', er war also dann nicht mehr der vergessene Kaiser. Das Zweite war die merkwürdige Form der Begründung für die Seligsprechung; es gibt doch einiges Erhebliches dagegen einzuwenden."
Gedanken zum Gedenkjahr
Verdrängtes und Vergessenes ins Bewusstsein rufen ist für Gerhard Roth der Motor seiner literarischen Arbeit. "Störenfried im Schweigensreich" nannte ihn die Literaturkritikerin Klara Obermüller. Und als Störenfried meldet sich Gerhard Roth auch mit Gedanken zum so genannten "Gedenkjahr 2005" zu Wort:
"Die Autoren, die 50 oder 60 Jahre permanent nachgedacht haben, Leute wie z.B. Thomas Bernhard, oder Helmut Qualtinger, oder Elfriede Jelinek wurden ja alle diffamiert von Leuten, die jetzt an der Regierung sind, und von Parteien, die an der Regierung sind."
Den Ballhausplatz, die Hofburg und die Ministerien, die bezeichnet eine Romanfigur im Labyrinth als "das Walhalla der Arschlöcher". Gerhard Roth macht seine Kritik differenzierter fest - aktuell eben - am Gedenk- und Gedankenjahr: "Da gibt es eine Menge Dinge, die noch offen sind: warum z. B. Deserteure - in der Nazizeit Deserteure - nach wie vor in Österreich mit einem Makel behaftet sind, oder warum die Restitutionen nicht abgeschlossen sind usw. Eigentlich müsste man das Gedenkjahr zumindest um ein Jahr verschieben, bis diese Probleme behoben sind."
Buch-Tipp
Gerhard Roth, "Das Labyrinth", S. Fischer Verlag, ISBN: 3100660595
Ein Gespräch mit Gerhard Roth finden Sie in Ö1 Inforadio
Download-Tipp
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