Dr Dag Encke

Daniel Karmann/dpa/picturedesk.com

Punkt eins

Zootiere töten für den Artenschutz?

Tierparks und ihr Populationsmanagement. Gäste: Dr. Dag Encke, Direktor des Tiergartens Nürnberg, Präsident des Verbands der Zoologischen Gärten & Ass.-Prof. Dr. Erik Aarden, Institut für Gesellschaft, Wissen und Politik der Universität Klagenfurt. Moderation: Alexander Musik. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Der Tiergarten Nürnberg blieb am Dienstag "aus betrieblichen Gründen" geschlossen. Der Grund: An diesem Tag wurde die bereits im Februar 2024 angekündigte Absicht von Zoodirektor Dr. Dag Encke umgesetzt, einen Teil der Pavian-Population zu töten. Zwölf Tiere wurden getötet, da das Pavian-Gehege für die Gruppe nicht mehr groß genug gewesen sei, hieß es laut Tiergarten Nürnberg; die Affen hätten angefangen, sich Verletzungen zuzufügen.

Weder sei der Versuch, die Tiere an andere Zoos abzugeben erfolgreich gewesen, noch ein implantiertes Verhütungsmittel wirksam. Auch auswildern habe man die Tiere nicht können. Bis zuletzt hatten Tierschutzorganisationen gegen die Maßnahme protestiert; Aktivist:innen hatten sich am Gehege festgekettet oder am Boden festgeklebt. Mehrere Tierrechtsorganisationen kündigten nun an, Strafanzeige stellen zu wollen. Die Tötung verstoße gegen das Tierschutzgesetz.

Zoodirektor Encke sagte im Februar 2024 gegenüber der Süddeutschen Zeitung, er habe "lange sehr gehadert mit diesem unguten Gefühl", die Paviane zu töten. Er sei Zoologe geworden, "um unbedingt einen Beitrag zum Artenschutz zu leisten". Er habe aber erkennen müssen, dass das Töten von Tieren immer dazugehöre. Artenschutz sei ohne dieses Instrument in Zoos nicht möglich.

Tierrechtsorganisationen wie Peta kritisieren laut einem Artikel auf orf.at, "das Gerede vom Artenschutz sei nur ein Vorwand", um Besuchende zu beruhigen: "Die Auswilderung der Tiere ist gar nicht vorgesehen und oft auch nicht möglich, da die Tiere in Gefangenschaft wichtige Verhaltensweisen, die sie für das Überleben in Freiheit benötigen, nicht lernen."

Laut Deutschem Tierschutzbund werden jährlich schätzungsweise 3.000 bis 5.000 gesunde Tiere in europäischen Zoos, die Mitglied der Europäischen Vereinigung der Zoos und Aquarien (EAZA) sind, getötet. Genaue Zahlen gebe es nicht, da Zoos diese Tötungen nicht transparent machten. Forscher wie Dr. Erik Aarden vom Institut für Gesellschaft, Wissen und Politik der Universität Klagenfurt ließ die emotional geführte Debatte nicht ruhen. Er fragte sich, welche anderen Wege des Artenschutzes es wohl geben könne. Das von Aarden geleitete Projekt, das im Mai 2025 begann, geht der Frage nach, wie eine Sammlung von Blut- und Gewebeproben bedrohter Arten zum Schutz dieser Arten beitragen kann.

"Das Projekt beschäftigt sich mit der sogenannten Biobank des europäischen Zoo-Netzwerks EAZA, das Blut- und Gewebeproben an vier europaweit verteilten Standorten sammelt und lagert", heißt es auf der Homepage des Instituts: "Zentrale Frage dabei ist, wie sich eine solche Sammlung von Proben und deren Verwendung in der Forschung zum gesellschaftspolitisch komplexen Problemfeld der Artenvielfalt und des Aussterbens vieler Arten verhält."

Sind Tötungen von Zootieren, die immer wieder von medialem Getöse begleitet werden, legitim oder verstoßen sie gegen den Tierschutz? Warum ist es so schwierig, überschüssige" Tiere auszuwildern und geeignete Flächen für sie zu finden? Brauchen wir 2025 überhaupt noch Tiere in Gefangenschaft? Weshalb haben Zootiere in der Öffentlichkeit eine so viel größere Lobby als Nutztiere?

Alexander Musik diskutiert mit Dr. Dag Encke, Direktor des Tiergartens Nürnberg und Präsident des Verbandes der Zoologischen Gärten sowie Ass.-Prof. Dr. Erik Aarden vom Institut für Gesellschaft, Wissen und Politik der Universität Klagenfurt über Artenschutz durch Zoohaltung, weltweite Zusammenarbeit der Zoologischen Gärten und die Möglichkeiten und Grenzen der Auswilderung gefährdeter Arten.

Wie immer sind Sie eingeladen mitzudiskutieren: Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79; E-Mails an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Alexander Musik

Playlist

Komponist/Komponistin: Françoiz Breut & Stéphane Daubersy
Titel: Zoo (davon 10 Sek. unterlegt)
Ausführende: Françoiz Breut
Länge: 04:13 min
Label: Caramel-Beurre-Salé

Komponist/Komponistin: Simon Green
Titel: Kong (davon 27 Sek. unterlegt)
Ausführende: Bonobo
Länge: 03:57 min
Label: Ninja Tune

Komponist/Komponistin: George Harrison
Album: THE BEATLES (THE WHITE ALBUM - DAS WEISSE ALBUM)
Titel: Piggies
Ausführende: The Beatles /Gesang m.Begl.
Länge: 02:04 min
Label: EMI/Parlophone 7464438 (2 CD)

weiteren Inhalt einblenden