Sterne am Firmament

Blick in die Sterne

"Filmhimmel Österreich" nennt das Filmarchiv Austria seine demnächst beginnende Retrospektive zur Geschichte des österreichischen Films. Die Filmbranche ist förmlich durchsetzt mit Begriffen aus der Astronomie und der antiken Götterwelt. Himmlisches Kino?

Jeder, der im Kino sitzt, blickt in die Sterne. Das vielleicht populärste Firmenlogo Hollywoods, jenes von Universal-Film, beginnt mit dem Blick auf den blau im Himmel hängenden Erdball, um den sich zu angemessen pompöser Musik der Schriftzug "Universal" zu wickeln beginnt. Sterne hatte auch Paramount lange Zeit im Logo und ältere Filmfreunde erinnern sich gewiss noch des Gloria-Verleihs, der den Titel gebenden Begriff ebenfalls in ein sanftes Sternenkissen gebettet hatte, während der Atlas-Verleih schon im Titel die ganze Last der Filmkunst auf seinen Schultern zu tragen hatte.

Göttliche Kinos
Stars und Sternschnuppen sind als Begriffe aus der Filmszene ohnehin nicht mehr wegzudenken, und den Göttern der Leinwand entsprechen nur zu oft die der Götterwelt entlehnten Namen der Kinos, in denen die Stars regieren. In Wien zum Beispiel herrscht Urania, die Muse der Astronomie über ein eigenes Kino am Donaukanal, während der griechische Lichtgott Apollo kinomäßig in Wien-Mariahilf residiert. Die Glücksgöttin Fortuna ist dem nach ihr benannten Lichtspielhaus nicht unbedingt hold, da dessen Programm nur noch "telefonisch zu erfragen" ist, und das ebenfalls im 10. Wiener Bezirk beheimatete Kepler-Kino würdigt jenen Mann der Wissenschaft, der sein Fernrohr Richtung Sterne lenkte.

Noch deutlicher war die heimliche Liebe des Kinos zu den Sternen und ihren Göttern in früheren Tagen. Da gab es, bis vor ganz kurzer Zeit, in Wien-Landstraße das Eos-Kino, benannt nach jener Göttin der Morgenröte, die bei Homer stets "die Rosenfingrige" geheißen hatte. In Hernals gab es einst das Luna-Kino, in Ottakring ein Iriskino, und das Olympia in Wien 16 hat die Tonfilmzeit gar nicht mehr erlebt.

Das Firmament als Traumfabrik
Wie erklärt sich diese ungewöhnliche Vorliebe fürs Himmlische? Einerseits sicher mit dem kulturellen "Minderwertigkeitskomplex" der Kunstgattung Film. Gegenüber den altehrwürdigen Darbietungsformen wie Theater, Oper und Konzert musste sich das neue Medium durch strahlend spektakuläre Markennamen Geltung und Aufmerksamkeit verschaffen. Und dann: Sind nicht auch die Sternbilder des nächtlichen Firmaments in Wahrheit nur Projektionen des menschlichen Blicks? Was sich für den Betrachter zum, sagen wir, Großen Wagen fügt, klafft in Wahrheit Billionen von Lichtjahre auseinander. Das Firmament als Traumfabrik, oder: der Filmhimmel. Wir Cineasten haben es immer schon gewusst.