Wohin und zurück

Dieses Jahr in Czernowitz

Rund 150.000 Einwohner lebten einst in Czernowitz, das in den 1930er Jahren als blühende und multikulturelle Metropole galt. Was daraus geworden ist, hat Volker Koepp mithilfe der Erzählungen von Emigranten aus der Bukowina in seinem Film näher beleuchtet.

Der Drang, die Heimat zu verlassen und zugleich die Sehnsucht danach, der Rückblick auf eine traditionsreiche Vergangenheit und der Zeitenwandel hin zur Gegenwart: Entlang dieser Leitlinien hat der deutsche Dokumentarfilmer Volker Koepp das Schicksal von Emigranten aus Czernowitz und Umgebung erforscht, sie einerseits in ihrer jeweils neuen Heimat besucht, andererseits bei ihrer Rückkehr in die Ukraine mit der Kamera begleitet.

Trauma Sprache

Für den rumänischen Schriftsteller Norman Manea, der seit Ende der 80er Jahre in den USA lebt, ist Heimat sehr stark mit Sprache verbunden. "Hier bleibt ein Trauma", meint er, "ich kann nicht auf Englisch schreiben!"

Die Suche nach dem Mythos von Czernowitz, nach der einst kulturellen Vielfalt und nach der eigenen Herkunft führt nicht nur Manea zurück an das Ufer des Dnjestr, sondern auch zwei Schwestern aus Wien, die ihr Elternhaus in der Ukraine erstmals sehen, oder auch den heute in Berlin lebenden Cellisten Eduard Weissmann.

Blick in die Gegenwart

Aus den Geschichten der Personen erschließt Volker Koepp auch die Geschichte einer Epoche. Neben der Vertreibung waren ja stets auch wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend für den Niedergang der einst blühenden Stadt Czernowitz, ein Faktum, das Volker Koepp den Blick in die Gegenwart und auf die Perspektiven eine jüngere Generation in Czernowitz ermöglicht, die einigermaßen enttäuscht ist von ihren Zukunftsaussichten.

Volker Koepp gibt sich dennoch optimistisch: "Die Sehnsucht nach der Heimat ist in slawischen Ländern viel größer - im Angelsächsischen gibt's ja das Wort gar nicht."

Zuhause ist nicht Heimat

Trauer und Nostalgie, bittere Ironie, Rührung und Melancholie verbreiten Koepps Erinnerungen an Czernowitz, die vor allem eines verbindet: Auch wenn man ein neues Zuhause findet, heißt das noch lange nicht, dass man seine Heimat gefunden hat.

Dieses Jahr in Czernowitz
Deutschland, 2004
Mit: Norman Manea, Evelyne Mayer, Katja Rainer, Harvey Keitel
Regie: Volker Koepp