Mehr wissen bedeutet mehr verstehen
Dystonie und Mukopolysaccharidose
Es gibt Erkrankungsbilder, die betroffen machen. Mukopolysaccharidosen - ein genetisch bedingter Enzymmangel - und Dystonie - eine Fehlfunktion im Gehirn - sind zwar nicht sehr häufig, aber die Situation der Erkrankten verdient Verständnis und Mitgefühl.
8. April 2017, 21:58
Es ist uns ein Anliegen, neben Themen wie Elektrosmog oder Cholesterinstoffwechsel auch Erkrankungsbilder vorzustellen, die nur einer Minderheit bekannt sind. Uns geht es dabei wohl ähnlich wie Ihnen, wenn sie die Berichte von Michaela Weigl und Christa Hafenscher zu Ende gelesen haben.
Mukopolysaccharidosen - verhängnisvoller Enzymmangel
Von der Stoffwechselstörung Mukopolysaccharidose - abgekürzt MPS - sind in Österreich etwa einhundert Kinder betroffen. MPS liegt eine genetisch bedingte Störung von Enzymen, die zum Abbau komplexer Kohlenhydrate benötigt werden, zugrunde.
Daher kommt es zur Einlagerung und Anreicherung dieser Kohlenhydratketten in verschiedenen Geweben des Körpers. Dies zieht die Schädigung der betroffenen Organe - wie. Z.B. Skelett, Gehirn, Herz und Leber nach sich. Die entsprechenden Symptome sind daher sehr vielfältig. Es gibt sechs Hauptformen, die jeweils durch den Defekt eines anderen Enzyms bedingt sind. Medizinisch werden sie eingeteilt in MPS I, II, III, IV, VI und VII.
Nur Verbesserung des Zustandes möglich
In vielen Fällen führen die Mukopolysaccharidosen zu geistiger Behinderung, die wechselnd stark ausgeprägt sein kann. Die meisten MPS zeigen einen zunehmend schweren Verlauf und führen oft schon im Jugendalter zum Tod. Die Eltern sind also schwer vorstellbaren Belastungen ausgesetzt.
Durch intensive Forschungsarbeit ist es gelungen, 2003 die erste Enzymersatztherapie gegen MPS 1 zu entwickeln. Den Kindern wird das fehlende Enzym mittels Infusionen zugeführt. Eine Heilung ist dadurch nicht möglich, wohl aber eine deutliche Verbesserung des Beschwerdebildes. Weitere künstlich hergestellte Enzyme werden bereits getestet.
Dystonie - Krämpfe, Schmerzen und Fehlhaltungen
Die Dystonie betrifft in Österreich etwa 10.000 Menschen aller Altersklassen. Dystonie beruht auf nach wie vor nicht entschlüsselten Fehlfunktionen im Gehirn und Rückenmark.
Die Betroffenen leiden unter krampfartigen Verspannungen, die sie willentlich nicht beeinflussen können. Die Folgen sind - oft schmerzhafte - Fehlhaltungen im Halsbereich oder krampfartige Zuckungen im Gesicht, an den Augenlidern, an den Händen etc.
Es gibt die fokalen Dystonien, bei denen die Krämpfe die Gesichtsmuskeln, die Augenlider, die Stimmbänder, den Hals oder die Muskeln der Hände, selten der Beine, betreffen. Diesen fokalen Ausprägungen stehen die generalisierten Dystonien gegenüber, bei denen viele Körperteile von den Krämpfen erfasst werden.
Unwissen und Vorurteil
Lange Zeit galt die Dystonie auch unter Medizinern als Symptom einer geistigen Behinderung oder einer psychiatrischen Erkrankung. Dieser nach wie vor bestehende Wissensmangel mancher Ärzte und die verständnislosen Reaktionen der Umwelt auf die Muskelkrämpfe und die auffälligen Bewegungen sind für Erkrankte bis zum heutigen Tag ein großes Problem. Denn Gedächtnis, Intellekt, Wahrnehmung und Gefühle sind durch die Dystonie natürlich nicht beeinträchtigt.
Botulinum-Toxin - kann mehr als nur Falten glätten
Lange Zeit gab es keine befriedigende Therapie. Seit einigen Jahren wird vor allem gegen die fokalen Dystonien Botulinum-Toxin sehr erfolgreich eingesetzt.
Durch regelmäßige Injektionen in die betroffenen Muskeln können beträchtliche Verbesserungen erzielt werden. Viele Erkrankten wird dadurch ein normales Leben wieder möglich.
Rufen Sie an
Wenn Sie Fragen zum Thema haben oder von Ihren Erfahrungen mit einer der beiden Krankheiten berichten wollen, dann können Sie während der Sendung unter der Telefonnummer 0800 22 /6979 kostenlos aus ganz Österreich anrufen oder posten Sie hier.
- Haben Sie den Verdacht selbst von Dystonie betroffen zu sein und es konnte Ihnen bisher kein Arzt sagen, woran Sie leiden?
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