Übergewicht und Bewegungsmangel

Durch Dick und Dünn

Warum bleiben manche Menschen ein Leben lang dünn, während andere mit fortschreitendem Alter dick werden? Haben Dicke schlicht die "falschen" Gene? Und wie ist das mit Diäten: gibt es Hungerkuren, die tatsächlich beim Abnehmen helfen?

In den Genen steht nicht geschrieben, dass man 140 oder 150 Kilogramm wiegen muss, tatsächlich vererbt wird nur die Neigung zum Dickwerden. Wer also die "Veranlagung" zum Dicksein hat und in einer Wohlstandsgesellschaft lebt, in der energiereiche Lebensmittel immer zur Verfügung stehen, der muss sozusagen auf die Bremse treten.

"Die Umwelt, also unsere Lebensweise, spielt für das Übergewicht sicherlich eine größere Rolle als die Gene", sagt der Stoffwechselexperte Bernhard Ludvik vom Allgemeinen Krankenhaus in Wien. "Ich glaube auch, dass die Rolle, welche Bewegung für Übergewicht spielt, stark unterschätzt wird", sagt Ludvik. "Es gibt Studien, wonach wir uns heute um bis zu 800 Kilokalorien weniger bewegen als noch vor 20 Jahren."

Kalorienzufuhr durch Ernährung

Parallel dazu steigt die Kalorienzufuhr durch die Ernährung. Vor allem in den USA predigten Ernährungsforscher jahrzehntelang „Nur Fett macht fett“! Ein griffiger Slogan, der auch bei uns weit verbreitet ist. In der Folge brachten amerikanische Firmen rund 300 fettreduzierte Produkte auf den Markt, die von den Konsumenten gerne angenommen wurden - und trotzdem wurden sie dicker und dicker.

"In einigen amerikanischen Bundesstaaten sind bereits 25 Prozent der Bevölkerung fettsüchtig", sagt Hans-Joachim Zunft vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. "Und wir Europäer sind auf dem Weg dahin."

Die Summe der Kalorien ist ausschlaggebend

Kann man also daraus schließen, dass Fett nicht fett macht? Sind es tatsächlich die "falschen" Kohlenhydrate, wie uns bunte Diät-Ratgeber derzeit weiß machen wollen, die zu Übergewicht führen?

"Die Summe aller Kalorien macht es aus, egal ob aus Fett oder Kohlenhydraten. Allerdings enthält Fett mit 9 Kilokalorien pro Gramm doppelt soviel Energie wie Eiweiß und Kohlenhydrate", sagt der Leiter der Abteilung Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Andreas Pfeiffer, "und daher kann man durch Fettreduktion am einfachsten Abnehmen."

Jeder Zweite ist übergewichtig

In Europa gilt inzwischen jeder Zweite als übergewichtig, zwischen 10 und 20 Prozent als fettsüchtig. "Wirklich beunruhigend ist, dass immer mehr Kinder fettsüchtig werden", sagt die Internistin Monika Lechleitner. "Das betrifft etwa 7 bis 8 Prozent der Schulkinder". Die Gründe dafür sind Medizinern klar: Bei Kindern korrelieren die Speckpölsterchen eindeutig mit der Zeit, die sie vor dem Fernseher und Computer verbringen.

Was das für die Zukunft bedeuten wird, kann man erahnen, wenn man über den Atlantik blickt: Experten erwarten dort, dass bis zum Jahr 2050 jeder zweite US-Amerikaner an Diabetes-Typ-2 leiden und zur Insulin-Spritze greifen wird.

Was empfehlen also Stoffwechselexperten?

Viel mehr Bewegung im Alltag. Dicke glauben immer nur, sie essen zu viel. Dabei wird ignoriert, dass wir nahezu eine immobile Gesellschaft geworden sind. Die sinnvollste Möglichkeit zur körperlichen Aktivität - darüber sind sich Experten einig - ist, diese in seinen Alltag einzubauen.

Beispielsweise: Das Auto zu Hause stehen zu lassen und zu Fuß ins Büro gehen oder zumindest einen Teil der Strecke. Der Grund für diesen Ratschlag ist einfach: Wer sich vornimmt, täglich eine Stunde Sport zu machen, könnte langfristig leicht an der verfügbaren Zeit scheitern. Doch wer jeden Morgen eine halbe Stunde in die Arbeit marschiert und abends wieder nach Hause, der ist ebenfalls eine Stunde aktiv - und ganz nebenbei erspart er sich den Stau in verstopften Straßen, die Parkplatzsuche oder die Warterei in U-Bahn und Straßenbahn.

Mehr zur "Polymeal"-Diät in science.ORF.at

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Links
Adipositats Austria
Deutsches Institut für Ernährungsforschung