Karrierestart in Graz
Gundula Janowitz
Zu Studienzeiten verdingte sich Gundula Janowitz als Stenotypistin in Graz. Als Herbert von Karajan auf sie aufmerksam wurde, avancierte sie in unheimlich kurzer Zeit zum Weltstar. Letzte Woche feierte Janowitz ihren 70. Geburtstag.
8. April 2017, 21:58
Gundula Janowitz singt Mozart und Beethoven
Im Zenit ihrer mehr als drei Jahrzehnte währenden Karriere war sie in allen Musikzentren der Welt ein umjubelter Gast. Künstlerisch zu Hause aber war sie doch stets in Wien. Als blutjunge Elevin von Herbert von Karajan an die Staatsoper engagiert, hat sie der damals allmächtige Maestro sofort unter seine Fittiche genommen, sozusagen als Kontrapunkt zu der ihm meist vorgeworfenen Zertrümmerung des legendären Wiener Ensembles.
Und tatsächlich wurde die Janowitz an der Wiener Oper ein Ensemblemitglied par excellence, hat hier am Beginn kleinste Rollen ebenso gesungen wie größere ausprobiert, um bald mit den ganz großen Partien ihres Faches Furore zu machen und damit in alle Welt zu gehen. Mozart war dabei ihr Hausgott, Richard Strauss rückte bald an die zweite Stelle, doch hat sie ebenso Verdi und Bizet gesungen, Smetana, Wagner und Gluck, und in Italien hat sie sich selbst im Callas-Repertoire erfolgreich behaupten können, 1974 bei der RAI in Spontinis "Vestalin".
Nebenjob Stenotypistin
Am 2. August 1937 in Berlin geboren, ist Gundula Janowitz in Graz aufgewachsen, hat hier Gesang studiert, sich das Geld dazu aber als Stenotypistin verdient, einem heute längst ausgestorbenen Bürojob.
Ende der 1950er Jahre gelangt sie durch ein Stipendium der Grazer Richard-Wagner-Gesellschaft nach Bayreuth, wird vom Fleck weg als Blumenmädchen im "Parsifal" engagiert, was sich umgehend nach Wien herumspricht und Herbert von Karajan auf den Plan bringt.
Legendäre Einspielungen
In unheimlich kurzer Zeit avanciert sie zum Weltstar, wird auch von der Schallplattenindustrie hofiert und ist bald Mittelpunkt vieler, heute längst legendärer Einspielungen.
Gundula Janowitz hat ihr Repertoire stets sehr klug ausgewählt, dramatischere Rollen zwar hin und wieder eingeschoben, wie etwa die Leonore in Beethovens Fidelio, doch hat sie immer genau gewusst, wo ihre Grenzen gelegen sind und die hat sie so gut wie nie überschritten. Dabei ist ihr sicher auch ihre besondere Affinität zum Lied und zum Oratorium entgegengekommen, bringen solche Konzertauftritte doch stets Entspannung in die Aufregungen des Theateralltages.
Geplatzte Direktions-Träume
1990 hat sich die Janowitz von der Bühne verabschiedet, fest entschlossen, sich voll und ganz einer für sie völlig neuen Position zu verschreiben. Sie wurde Operndirektorin in ihrer (Fast-)Heimatstadt Graz, doch der Traum zerplatzte nur allzu schnell. Nach nicht einmal einer Spielzeit hat sie das Handtuch geworfen, eine öffentliche Diskussion über die Hintergründe aber diskret vermieden.
Überhaupt war übertriebene Publicity nicht ihre Sache, dazu war und ist ihre Persönlichkeit wohl viel zu sensibel, zu wenig gestählt auch für offene Konfrontationen, die manch andere Operndirektoren dafür umso lieber führen (nicht zuletzt, um damit von ihren "künstlerischen Taten" abzulenken!).
Silbrig rein glänzende Stimme
Wenn wir heute Gundula Janowitz zu ihrem 70er gratulieren, so erinnern wir uns an eine instrumental geführte, sehr individuell timbrierte, silbrig rein glänzende Stimme von höchster Musikalität, die auf der Bühne dazu glaubhaft agieren konnte: zu allem entschlossen als "Fidelio"-Leonore, voll aristokratischer Eleganz als "Figaro"-Gräfin, innig berührend als Marschallin im "Rosenkavalier", dagegen unheimlich komisch und übermütig in der "Fledermaus". Von ganzem Herzen: Alles Gute zum Geburtstag!
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Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 7. August 2007, 15:20 Uhr