Ruth Pfau - Ordensschwester und Lepraärztin
Die "Verrücktheit der Nächstenliebe"
Seit mehr als 40 Jahren lebt Ruth Pfau in Pakistan und kämpft in diesem vom Islam geprägten Land mit großem Erfolg gegen Lepra. Eine Dokumentation über die Quellen ihres Glaubens und ihrer Kraft, über ihre Beziehung zu Maria, ihre Zweifel und ihre Hoffnungen.
8. April 2017, 21:58
Ruth Pfau über ihre "geschenkten Kraftquellen"
In Pakistan wird sie als neue Mutter Theresa verehrt: Ruth Pfau - deutsche Ärztin, Nonne und Power-Frau. Vor fast 45 Jahren ist sie nach Karachi emigriert, um zu heilen und zu helfen. Seit damals kämpft sie mit großem Erfolg in dem vom Islam und Männern geprägten Land gegen Lepra. Heute ist sie 75 Jahre alt. Und sie kämpft unverbissen weiter.
Voller Tatendrang
Ruth Pfau trägt keine Ordenstracht, an der sie auf den ersten Blick als katholische Nonne zu erkennen wäre. Typisch für Ruth Pfau ist, dass sie ihre Haare meist mit einem Wolltuch aus Pakistan bedeckt. Ihre kurzen Haare sind im Lauf der Jahre weiß geworden. Auffallend sind ihre großen, braunen Augen. Es sind aufmerksame, mitfühlende und gleichzeitig alles hinterfragende Augen. Ihre Hände sind selten still. Wenn sie spricht, unterstreicht sie ihre Worte mit lebhaften Handbewegungen. Ruth Pfau beeindruckt auch mit 75 Jahren noch durch ihren Tatendrang und ihre Energie.
Gesundheitsberaterin und Ehrenbürgerin
Seit knapp einem halben Jahrhundert lebt die aus Leipzig stammende Ordensfrau und Ärztin nun bereits in Pakistan. Nach der Flucht mit ihrer jüdischen Familie in den Westen konvertierte sie zunächst zum Protestantismus, dann zum katholischen Glauben. Schon während ihres Medizinstudiums, das sie als Gynäkologin abschloss, trat sie dem "Orden der Töchter vom Herzen Mariäs" bei und wurde Nonne.
Als sie im Auftrag von Hilfsmaßnahmen für Indien in Karachi Zwischenstopp machte, sah sie die Elends-Viertel und die vom Stigma des Aussatzes behafteten Menschen. Seit damals kämpft sie gegen diese furchtbare Krankheit an. Und das mit großem Erfolg. Heute arbeitet sie auch im Rang einer Staatssekretärin als Gesundheitsberaterin der Regierung. Nach zahlreichen Auszeichnungen wurde sie auch zur Ehrenbürgerin Pakistans ernannt und vor einigen Jahren für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Ihr Kampf gegen Lepra
Die Leprakranken, die Aussätzigen, das waren Menschen, die ihre Hilfe dringend benötigten. Diese Arbeit wollten andere ungern tun. Also gründete die deutsche Ordensfrau und promovierte Ärztin Ruth Pfau bald nach ihrer Ankunft in der pakistanischen Hafenstadt Karachi vor fast 45 Jahren ein Leprakrankenhaus.
"Das werden Sie nicht schaffen. Man will sie hier nicht, hat ihr damals ein hoher Staatsfunktionär gesagt. Ihr Krankenhaus wurde zu einer im ganzen Land anerkannten Institution. Parallel dazu baute sie einen flächendeckenden mobilen Lepra-Dienst in Pakistan auf.
Der Kampf gegen die Lepra erfordert von Ruth Pfau totalen Einsatz. Physisch und psychisch. Ruth Pfau nennt es die "Verrücktheit der Nächstenliebe". Manchmal, so gesteht sie, hat sie Lust, einfach wegzulaufen, abzureisen, alles hinter sich zu lassen, jetzt, mit 75 Jahren, in den "verdienten Ruhestand zu treten. Aber Ruth Pfaus Leben ist Arbeit, ihre Arbeit gleichzeitig Gebet.
Bei ihrem Einsatz in Pakistan hat sie während ihrer langjährigen Tätigkeit oft genug in den Lauf einer Kalaschnikow geschaut. Ihren Willen zu helfen, ihren Glauben und auch ihren Humor hat sie aber auch unter widrigsten Umständen nicht verloren.
"Wer keine Tränen hat ..."
... ist eines der Bücher von Ruth Pfau, das im Herder-Verlag erschienen ist. "Wer keine Tränen hat, der ist offensichtlich ausgetrocknet, ergänzt die bodenständige Nonne:
"Tränen bewässern den Boden, aus dem unser Mitleid wächst.
Bis heute sind ihre Tränen nicht versiegt. Ihre Sensibilität ermöglicht das authentische Mitfühlen, Mitleiden. Was Ruth Pfau versucht hat, abzustellen, ist die Frage nach dem "Warum? des Leides.
Lepraarbeit auch in Afghanistan
Unermüdlich und ohne körperliche Strapazen zu scheuen, macht sich die deutsche Ordensfrau und Ärztin seit einigen Jahren auch auf die Suche nach Leprapatienten in Afghanistan: in klapprigen Jeeps über ungesicherte Pisten und oft genug durch umkämpfte Stammesgebiete, ruhe- und rastlos, voller Tatendrang.
Facts Lepra
Während in Europa die Lepra so gut wie ausgerottet ist, gibt es dennoch weltweit jährlich mehr als 700.000 Neuerkrankungen. Insgesamt leiden derzeit etwa 1,2 Millionen Menschen am Aussatz - eine Krankheit, die noch immer mit sozialer Ausgrenzung verbunden, aber durch eine Kombinationstherapie aus mehreren Antibiotika heilbar ist.
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Download-Tipp
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Buch-Tipps
Ruth Pfau, "Das Herz hat seine Gründe", hrsg. von Rudolf Walter, Herder Verlag, ISBN 3-451-28221-6
Ruth Pfau, "Wer keine Tränen hat ...", hrsg. von Michael Albus, Herder Verlag, ISBN 3451046741
Spendenkonto
RAIBA St. Pölten, BLZ 32788, Konto Nr. 4200, Kennwort: Ruth Pfau; in Kooperation mit der Caritas, Diözese St. Pölten, Hasnerstraße 4, 3100 St. Pölten, Tel.: 02742/844-350 oder per Mail
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