Die Verleihung des Hans-Koller-Preises 2004

Österreichs Jazzmusiker des Jahres

Vom Staatspreis für improvisierte Musik über den Newcomer-Preis bis zur Auszeichnung des(r) Side(wo)man des Jahres - wie jedes Jahr wurden auch heuer wieder die besten österreichischen Jazzmusiker im Rahmen des Hans-Koller-Preises geehrt.

"FipFop": CD-Ausschnitt der Gruppe FOP mit Lorenz Raab

"Hans Koller war unser Gott". Diese Huldigung stammt von keinem Geringeren als Joe Zawinul, Hans-Koller-Preisträger 2000. Damals feierte Hans Koller - eine Legende des österreichischen und des europäischen Jazz zu Lebzeiten - seinen 80. Geburtstag.

Vor knapp einem Jahr starb Koller an den Folgen einer Lungenentzündung. Er war 1996 der erste Träger des später nach ihm benannten Jazzpreises, der heuer am 3. Dezember im Rahmen einer Jazz-Gala im "Porgy & Bess" in Form des Staatspreises für improvisierte Musik an Österreichs besten Jazzmusiker des Jahres vergeben wurde.

... and the winner is ...

... der Komponist und Trompeter Michael Mantler, der zusammen mit Hans Koller und Joe Zawinul zu den drei großen Protagonisten des österreichischen Jazz gehört.

Der 1943 in Wien geborene Musiker studierte an der Wiener Musikakademie und übersiedelte 1962 ans Berklee College of Music in Boston. 1964 nahm er im Cellar Café in New York an der so genannten "October Revolution" teil - aktionistische Konzerte, in denen sich der Free Jazz endgültig Gehör verschaffte. Mit dabei waren damals so bekannte Namen wie Cecil Taylor, Archie Shepp, Pharoah Sanders, Paul Bley, Bill Dixon, Sun Ra oder Michael "Mike" Mantlers spätere Frau, die Pianistin und Komponistin Carla Bley.

Die Protagonisten dieser neuen Bewegung drangen dabei in die verkrusteten Strukturen des Musikbetriebes ein. In der Folge war Mantler an den Gründungen des Jazz Composer's Guild und der Jazz Composer's Orchestra Association, einer Avantgarde-Big-Band, mitbeteiligt.

Experimentierfreudig wie kaum jemand

1991 kehrte Michael Mantler nach Europa zurück und ließ sich in Kopenhagen nieder. Seither tritt er vor allem als Komponist sinfonischer Werke, kammermusikalischer Kompositionen oder multimedialem Musiktheater in Erscheinung.

Als Komponist bewegt sich Michael Mantler oft in tiefen Tonlagen und dunklen Klangbereichen, verwendet komplizierte Taktarten in häufigem Wechsel und bezieht auch Rockrhythmen in sein Konzept mit ein. So war er u. a. an der Aufnahme von Carla Bleys Mammutkomposition "Escalator Over The Hill" mitbeteiligt. Aus jüngerer Zeit stammen seine Werke "Songs And One Symphony", das 1999 uraufgeführt wurde, oder sein Marimbakonzert für den portugiesischen Perkussionisten Pedro Caneiro im Jahre 2002.

Newcomer des Jahres

Diesen Preis heimste heuer der oberösterreichische Trompeter und Flügelhornspieler Lorenz Raab ein. Der klassisch ausgebildete Musiker war bisher nicht nur in prominenten Großensembles wie z. B. als Solotrompeter im Orchester der Wiener Volksoper tätig, sondern hat auch eigene Jazzprojekte - so u. a. mit Sabine Hank, Wolfgang Muthspiel oder Wolfgang Puschnig - verwirklicht.

Side(wo)man des Jahres

Dank ihrer professionellen Einstellung, ihrer stilistischen Vielfalt und nicht zuletzt ihrer internationalen Erfahrung wurde diesmal die österreichische Perkussionistin Ingrid Oberkanins "Sidewoman des Jahres", also wichtigste Mitmusikerin bei diversen unterschiedlichen Projekten. Sie ist damit einer der wenigen Frauen in diesem vorwiegend von Männern dominierten Bereich, die diese Auszeichnung erhalten haben.

CD des Jahres und Stipendien

Mit ihrem Album "Day-Dream" holte sich das Duo Herwig Gradischnig, Saxofon, und Oliver Kent, Klavier den Preis für die beste CD des Jahres. In diesem hörenswerten Album gelingt es den beiden jungen Musikern, kanonisch gewordenem Material - Billy Strayhorns Balladen-Klassikern - neues Leben einzuhauchen.

Das Arbeitsstipendium für einen mehrmonatigen New-York-Aufenthalt, das mit 7.300 Euro dotiert ist, erhielten diesmal der Saxofonist Wolfgang Schiftner und der Bassist Matthias Pichler, zwei Musiker, die als Vertreter der jungen Generation schon am Ende ihrer Studienzeit überzeugend auf sich aufmerksam machen.

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CD-Tipp
Herwig Gradischnig und Oliver Kent, "Day Dream", Universal, CD 9865497

Links
Hans Koller Preis 2004
Michael Mantler
Lorenz Raab
Day Dream - Label Universal
Porgy & Bess
FOP - Forms Of Plasticity
FOP - FipFop - Rezension