Warum sich Kinder immer weniger bewegen

Kleine "Couch-Potatoes"

Eine Stunde pro Tag - so wenig bewegen sich Kinder heutzutage im Schnitt. Die Folge: Jedes vierte Kind in Österreich ist übergewichtig. Junge Bewegungsmuffel müssen mit einer Reihe von Langzeitfolgen rechnen.

In den letzten 25 Jahren hat die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen um rund zehn Prozent abgenommen. Das hat das Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Karlsruhe festgestellt.

Salzburger Daten zeigen ähnlich alarmierende Ergebnisse: Mit dem motorischen Leistungsprofil der Kids - also mit Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Gleichgewicht - geht es schon im Alter von zehn bis zwölf Jahren wieder bergab, bei den Mädchen noch weitaus stärker als bei den Jungen.

Grund-Fitness

Früher erreichten Jugendliche viel später ihren körperlichen Zenit - Mädchen mit 14 oder 15 Jahren, Buben in noch höherem Alter. Dabei wird in jungen Jahren so etwas wie eine Grund-Fitness angelegt, von der man ein ganzes Leben lang zehren kann. Sie beugt auch effektiv Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislaufproblemen vor.

Kinder brauchen zwei bis drei Stunden Bewegung täglich, um in Form zu bleiben - Erwachsene hingegen nur drei Stunden pro Woche.

Fernsehen als Dickmacher

Was aber ist schuld am zunehmenden "Kinder-Speck". Bob Hancox von der University of Dunedin in Neuseeland hat rund 1000 Personen vom Kindesalter an bis zum Alter von 26 Jahren in einer Studie beobachtet.

"Dabei zeigte sich, dass jene, die als Kind am meisten fernsahen, als Erwachsene den schlechtesten Gesundheitszustand aufwiesen", so Hancox.

Außerdem zeigten die mit einer engen Bindung ans Fernsehgerät aufgewachsenen jungen Erwachsenen höhere Cholesterinwerte, rauchten mehr, und ihr Herz-Kreislaufsystem war in einem schlechteren Zustand.

Kinder gehen immer weniger zu Fuß

Insgesamt, so Bob Hancox, dürften 15 Prozent aller erhöhten Cholesterinwerte bei den zuletzt 26jährigen Teilnehmern seiner Studie auf den exzessiven TV-Konsum zurückgehen, ebenso 17 Prozent des Übergewichts und 15 Prozent der schlechten Fitness.

Verglichen mit dem Jahr 1985 legen Kinder in der Stadt heute dennoch um ein Viertel weniger Wege zu Fuß zurück. James Paskins von Centre for Transport Studies am University College London hat dies bei einer Untersuchung an 200 Kindern im frühen Teenageralter gezeigt.

Veränderte Lebensweisen

Kinder werden von ihren Eltern überall hin chauffiert: "Das liegt zum Teil daran, wie sich unsere öffentlichen Räume entwickeln. Einerseits können Menschen durch das Auto heute in einer größeren Distanz zu den von ihnen benötigten Einrichtungen wohnen als früher. Man sucht sich heute Wohnungen, die weit von der Schule und Einkaufszentren oder Plätzen des öffentlichen Lebens entfernt sind. Das ist ein Teil des Problems. Andererseits sind die Eltern heute viel ängstlicher, was die Sicherheit ihrer Kinder betrifft - sowohl in Sachen Straßenverkehr als auch in Bezug auf Verbrechen. Deshalb fahren sie ihre Kinder permanent im Auto herum und lassen sie nicht selbständig zu Fuß gehen", so Paskins.

Der Körper vergisst Nichts

Wer einmal zum Couch-Potato geworden ist, lässt sich nicht mehr leicht mobilisieren. Programme mit übergewichtigen Jugendlichen haben das hinlänglich gezeigt. Das zugrunde liegende Phänomen kennt jeder: war man einige Wochen lang weder Schwimmen, noch Radfahren oder Wandern, dann geht beim ersten Mal alles schwerer.

Zu Bewegung gehört Konstanz - sporadische Einmalprogramme nützen nicht viel. Aber was man sich einmal an Beweglichkeit und Ausdauer erworben hat, so die Salzburger Sportwissenschafterin Susanne Ring, vergisst der Körper ein Leben lang nicht mehr.

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