Mit 77 Jahren unter 99 Rauchfangkehrern

Die Fotografin Lisl Steiner

Lisl Steiner hat als Fotojournalistin bereits für weltberühmte Magazine wie "Time" oder "Newsweek" gearbeitet. Immer wenn sie in Wien ist, fotografiert sie - Rauchfangkehrer. Das Ergebnis dieses Projekts ist demnächst in der Galerie WestLicht zu sehen.

Lisl Steiner über Fidel Castro

Die Wiener Rauchfangkehrer haben es ihr angetan: Lisl Steiner, die 1927 in Wien geboren wurde und als Kind jüdischer Emigranten in Argentinien aufgewachsen ist, fotografiert seit 1965 immer, wenn sie nach Wien kommt, das gleiche Motiv: Rauchfangkehrer. So auch an ihrem 77. Geburtstag, den sie in der Galerie WestLicht mit einer "Hommage" zelebriert - mitten unter 99 Rauchfangkehrern ...

Die ruhe- und rastlose Fotojournalistin

Es gibt ja Menschen, die - um Glück zu haben - nach einem Knopf greifen, wenn sie einem Rauchfangkehrer begegnen. Andere wiederum - wie Lisl Steiner - meinen, dass man den Rauchfangkehrer zu diesem Zweck berühren muss - fotografieren allein genügt nicht:

"Ich fotografiere mit meinen inneren Gedärmen, und es kommt fast immer ganz gut heraus. Aber ich denke nicht beim Fotografieren. Das Ärgste, was man machen kann, ist intellektuell zu sein. Ich weiß von nichts. Mein Name ist Hase."

Das Foto von Fidel Castro

Lisl Steiner fotografierte in ihrem Leben aber nicht nur Rauchfangkehrer. Mitte der 50er Jahre fotografierte und zeichnete sie zahlreiche Künstler, Musiker und Politiker, u. a. Wilhelm Furtwängler, Fritz Kleiber, Leonard Bernstein, Friedrich Gulda, Herbert von Karajan, Louis Armstrong und, und, und - Fidel Castro.

Diese Fotografie aus dem Jahr 1957 zeigt Fidel Castro in Buenos Aires. Umringt von einer Menschenmenge, versucht er, sich seinen Weg durch die Menge zu bahnen. Man sieht ihn von der Seite mit charakteristischer Militärkappe und Bart. Lisl Steiner scheint das Bild wie eine Unbeteiligte mit entsprechender Distanz fotografiert zu haben.

Erfolgreich auch bei Film & Fernsehen

Als Fotojournalistin arbeitete Lisl Steiner für lateinmaerikanische Zeitschriften in Argentinien wie in Brasilien und in der Folge für US-Magazine wie Time, Life, Musical America, Newsweek oder The New York Times.

Erfolgreich war sie auch in jungen Jahren in der argentinischen Filmindustrie tätig, zuerst als Assistentin des Art Directors, später als Produktionsassistentin von etwa 50 Dokumentarfilmen. Sie erhielt die amerikanische Staatsbürgerschaft und machte für Columbia Broadcasting System Channel 13 und die National Broadcasting Corporation zahlreiche Fernseharbeiten.

"Children of America"

1959 begann die in New York lebende Wienerin ihr fotografisches Großprojekt "Children of America", das Aufnahmen aus 31 Ländern Süd-, Zentral- und Nordamerika umfasst und bis heute fortgeführt wird. Am 19. November - an ihrem 77. Geburtstag - wird sie bei ihrer "Hommage an alle Rauchfangkehrer" in der Galerie WestLicht der Österreichischen Nationalbibliothek ihr gesamtes fotografisches Archiv als Schenkung übergeben.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung am Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen

Veranstaltungstipp
Galerie WestLicht, "Hommage an alle Rauchfangkehrer" - Ein Fest für Lisl Steiner, 19. November, Beginn 19:00 Uhr, Eintritt frei