Der Objektkünstler Daniel Spoerri

Topografien des Zufalls

Daniel Spoerri zählt zu den namhaftesten bildenden Künstlern der Gegenwart. Bekannt wurde er schon in den 60er Jahren mit seinen berühmten "Fallenbildern" - dabei fing er ein Stück Alltagswirklichkeit wie in einer Falle ein. Spoerri nannte sie "Topografien des Zufalls".

Daniel Spoerri über seine "Fallenbilder"

Am 27. März 1930 wird Daniel Spoerri als Daniel Isaac Feinstein in Galati, Rumänien, geboren. In der Schweiz aufgewachsen, durchlebte das Universalgenie in seinem bisherigen Leben so ziemlich alle Berufe - ob nun als Obstverkäufer, als Kellner, Restaurantbetreiber, Buchhändler und Fotograf oder als Pantomime, Solotänzer, Dichter, Buchautor, Schauspieler, Maler oder Objektkünstler.

Sein Markenzeichen: "tableau piege"

Am 27. Oktober 1960 begründet Spoerri in Paris - gemeinsam mit anderen Künstlern - die Bewegung der "Neuen Realisten“. Sie wollen sich abgrenzen von der in Paris dominierenden informellen Malerei, aber auch von der in Amerika aufkommenden Pop-Art. Das Nachdenken über die Bewegungslosigkeit und Immobilität führte den Künstler zum Einfrieren von Zufallssituationen, zu dem, was er später "tableau piege“ nannte, zu seinem künstlerischen Markenzeichen - dem "Fallenbild“. Wie in einer Falle bannte er ein Stück Alltagswirklichkeit auf die Leinwand:

Zwei Teller aus dem Hochzeitsgeschirr seiner Frau Vera, eine kleine Bratpfanne, Besteck, drei Joghurtbecher mit zwei Aluminiumdeckeln, ein Glas, einen Füllfederhalter, eine Schachtel Gauloises, eine alte Dose, die gerade als Aschenbecher gebraucht worden war - das alles fixierte Spoerri in seinem Pariser Hotelzimmer auf ein Brett, das er als Tisch benützte. Dann montierte er das Brett als Bild an die Wand. Das war die Geburtsstunde des "Fallenbildes".

"Fixpunkte meines Lebens"

"Mein Territorium - das sind diese Objekte. Sie sind Fixpunkte meines Lebens. Ich mag mich erinnern, dass ich einmal eine starke Zufriedenheit empfand, als ich all die geklebten Dinge vor mir an der Wand hängen sah. Das war eine ungemeine Freude, die mich da erfüllte, denn plötzlich fühlte ich mich so reich ..“

Der Philosoph und Publizist Hans Saner notierte einmal zu Spoerris berühmten "Fallenbildern“:

"Alles Vergängliche ist in seiner Bodenlosigkeit voller Fallen. Die Welt in ihrer Zufälligkeit stellt uns Fallen, die zuschnappen, wenn wir uns von ihr fixieren lassen, und wir stellen ihr Fallen, die zuschnappen, wenn wir einen Ausschnitt von ihr fixieren.“

Konzeptlose Kunst

Seit mehr als 40 Jahren beschäftigt sich Daniel Spoerri, der sich jetzt - nach Jahren in Paris und in der Toskana - in einem alten Haus im Tessin niederließ, mit seinen "Fallenbildern", und er hat dabei immer wieder Neues entdeckt und sich immer wieder neuen Aufgaben und Projekten gewidmet:

"Ich kann nicht nach einem Konzept vorgehen. Noch nie hatte ich ein fertiges Werk vor Augen. Ich beginne mit einer Idee und lasse mich vom Objekt inspirieren. Meine Kunst entsteht aus sich selbst."

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