Im Gespräch mit Michael Kerbler

Tobias Moretti

"Es ist ein Irrtum, wenn wir heute, erst ein, zwei Generationen nach den Gräueltaten glauben, andere, bessere Menschen zu sein" - der Schauspieler musste sich beim Rollenstudium in das Lebensgefühl des Dritten Reiches einfühlen.

Tobias Moretti im Gespräch mit Michael Kerbler

Die Erklärung, Hitler sei ein Teufel gewesen, ist dem österreichischen Schauspieler Tobias Moretti viel zu simpel: "Das wäre bequem für alle. Nur stimmt es nicht." Was damals einen so unglückseligen Lauf nahm, könne heute ganz leicht wieder passieren.

In seinem jüngsten Film, dem Dreiteiler "Speer und Er" spielt Moretti die Figur des Adolf Hitler. Der Tiroler stellt einmal mehr unter Beweis, dass er an politikskeptischen und zeitgeschichtlichen Stoffen interessiert ist. Die Haut des Fernsehkommissars mit Schäferhund hat er längst abgestreift.

Doppelrollen

Fragt man Tobias Moretti nach seinem Hauptberuf, ist die Antwort eindeutig: in erster Linie Schauspieler, wobei ihm der Film ebenso wichtig sei wie die Bühne.

Der heute 45-Jährige hat in Wien Komposition studiert. Er spielt Klavier und einige andere Instrumente. Aber er ist auch ein leidenschaftlicher - diplomierter - Biobergbauer.

1997 haben er und seine Frau Julia, ebenfalls Musikerin, einen 400 Jahre alten Tiroler Alpenhof übernommen und sich auf Rinderzucht spezialisiert. Die Belange und Probleme der Bergbauern sind ihnen damit vertraut.

Tobias Moretti liebt seine Heimat, die er als Lebenskultur und Naturraum definiert. Temperamentvoll verteidigt er sie gegen einen ungehemmten Ausverkauf an die "touristische Industrie“. Diese "Lebenskultur" werde zu Gunsten des unbegrenzten Wachstums der Einnahmen zerstört. Den Freizeitwert, den Tirol heute vermarkte, werde es dadurch schon morgen nicht mehr geben.

Heimat

Die EU kommt beim Andreas-Hofer-Darsteller nicht ungeschoren davon. Er bezichtigt sie, eine vom Großkapital politisch manipulierte Bürokratie zu sein.

Zwar würden Schlagworte wie etwa "regionale Verwantwortlichkeit" oder "regionale Kooperationsformen“ bemüht, aber die Beliebigkeit sei groß, und praktisch umgesetzt werde herzlich wenig, so Tobias Moretti.

Im Gespräch mit Michael Kerbler reflektiert Tobias Moretti über seine Doppelrolle im Salzburger Jedermann. Er berichtet über seine Zugänge zu so unterschiedlichen Rollen wie Adolf Hitler und Kommissar Stefan Lindman ("Die Rückkehr des Tanzlehrers“).

Ebenfalls zur Sprache kommen Morettis Haltung zur Europäischen Union - Stichwort Agrarpolitik - und seine Einschätzung der Widerstandsfähigkeit Europas gegen die amerikanische Unterhaltungsindustrie.


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