Das Autofahren der Zukunft

Drive by Wire

Aus vielen Flugzeugen ist das lenkradähnliche Steuerhorn längst verschwunden. Stattdessen fliegen die Piloten ihre Jets mit Hilfe eines Joysticks. Experten diskutieren, ob der Joystick auch das Lenkrad im Auto ersetzen könnte.

Joystick im Auto? - Ja, absolut, meint Robert Gardner aus den Motorola Forschungslabors. Er würde nicht nur das Lenkrad ersetzen, sondern auch Gas- und Bremspedal.

Damit wird nicht nur eine Menge Platz frei. Die Lenksäule führt auch bei Unfällen immer wieder zu massiven Verletzungen im Bein- und Bauchbereich.

Fahrer-Lenkrad Kommunikation

Aber das Lenkrad ist nicht nur die Entsprechung der Zügel beim Pferd. Es gibt dem Fahrer auch Informationen zurück - zum Beispiel anhand von Vibrationen. Sie sagen etwas über den Straßenzustand aus oder die Straßenlage des Fahrzeugs.

Auch ein Joystick müsste solche Infos liefern, meint Erwin Boer, ein Berater der Autoindustrie aus den USA. Seine Schlussfolgerung: ein Joystick im Auto müsste mit einem "Force-Feedback" ausgerüstet sein und vibrieren können, um so quasi mit dem Fahrer zu kommunizieren - ähnlich wie heutige Joysticks für Computerspiele.

Halt und Stabilisation

Satoshi Kitazaki vom Nissan Research Center in Japan weißt auf eine weitere Funktion hin, die ein robustes Lenkrad besser erfüllt als ein Joystick. Es gibt dem Lenker Halt und stabilisiert seinen Körper, ganz im Gegensatz zum filigranen Joystick.

Diese Steuer-Methode ist auch viel empfindlicher als ein Lenkrad: Einen Joystick kann man nur 90 Grad nach rechts oder links neigen, man hat also einen Steuerhorizont von maximal 180 Grad.

"Intelligenter" Joystick

Dessen ungeachtet setzt sich auch der Kognitionsforscher John Lee von der University of Iowa für den Joystick im Auto ein - sofern man den Joystick "intelligenter" macht und seine Empfindlichkeit an der Geschwindigkeit ausrichtet.

Bei einer Fahrt mit 130 km/ h muss er, damit man bei der kleinsten Bewegung nicht sofort von der Straße abkommt, träger reagieren als beim Einparken, wo ein starker Einschlag nötig sein kann.

Lee’s Hauptargument für eine Joystick-Steuerung: Sie würde die Reaktionszeit dramatisch verkürzen, etwa auf ein Fünftel.

Umstiegsprobleme

Aber wie einfach ist es, vom Lenkrad auf den Joystick umzusteigen? In der Luftfahrt hat der Wechsel vom Steuernhorn zu "Fly by Wire" bei älteren Piloten teilweise Bruchlandungen provoziert.

Eine japanische Studie hat kürzlich aber gezeigt, dass vor allem jene, die noch nie ein Auto mit Lenkrad gelenkt hatten, vom Joystick profitierten. Die Neulinge steuerten mit Joystick schneller durch einen Slalomkurs als mit dem Lenkrad.

Mehr Elektronik im Auto

"Drive by Wire" bedeutet nicht nur, dass das Lenkrad durch einen elektronischen Steuer-"Knüppel" ersetzt wird. Bei diesem Konzept verstellt nicht mehr Muskelkraft die Lenkachse, sondern ein Elektromotor - so wie heute bereits bei einer Servo-Steuerung.

Insgesamt heißt "Drive by Wire": mehr Elektronik und damit auch ein mit Mikroprozessoren vollgestopftes Auto. Sie greifen zum Beispiel korrigierend ein, wenn ein Auto zu schnell in eine Kurve fährt.

Rechtliche Fragen

Dieser massive Elektronik-Einsatz ist bei einigen Karossen der Oberklasse schon heute üblich. Mercedes plant für seine neue S-Klasse statt Pedalen drucksensitive Flächen einzusetzen, aber auch Aquaplaning-Sensoren und Ähnliches einzubauen.

Im Wege stehen den zukunftsorientierten Automobilbauern jedoch ungeklärte rechtliche Fragen. Wenn die Elektronik, zahlreiche Sensoren und komplizierte Software dem Fahrer einen Teil der Fahrarbeit abnehmen, dann wird die Karosse zu einem fahrbaren Computer. Aber wer haftet, wenn der mikroprozessorgesteuerte Wagen solche Zusammenbrüche erlebt wie Personal Computer, die an Unverlässlichkeit nicht zu überbieten sind.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die "Dimensionen" vom Dienstag, 24. August, nach Ende der Livesendung im Download-Bereich herunterladen

Links
Motorola
Nissan - Research Centers
University of Iowa