Von Vinzidorf zur Vinzirast

8. April 2017, 21:58

Cecily Corti über in- und ausländische Obdachlose

Seit über einem Jahr schon ist der Grazer Pfarrer Wolfgang Pucher auf der Suche nach einem Grundstück in Wien. Nicht, dass es die nicht gäbe. Aber Menschen, die keinen Weg mehr aus ihrer Alkoholsucht finden, will nicht so schnell jemand als Nachbarn haben.

Manche Leute sind bereit, ungewöhnliche Schritte zu setzen, um eine solche Herberge in der Umgebung zu verhindern. So etwa die Mitglieder des Siedlervereins Lobau, die mit 1200 Unterschriften und der Drohung, andernfalls geschlossen aus der Kirche auszutreten, im vorigen Jahr ein Vinzidorf Wien verhindert haben.

Engagement für Randgruppen

Solche Aktionen bringen den streitbaren Grazer Pfarrer in Rage. Doch entmutigen lässt er sich nicht. Vor zwölf Jahren schon hat er beschlossen, sein Engagement denen zu widmen, die für die Gesellschaft nicht besonders interessant scheinen. Flüchtlinge, Bettler, Suchtkranke, Frauen in Notsituation, Obdachlose - zahlreiche Projekte der Vinzenzgemeinschaft Graz haben vielen Menschen in Not schon konkrete Hilfe gebracht.

Dabei glaubt Wolfgang Pucher nicht, dass es eine unbedingte Voraussetzung für seine ehrenamtlichen Mitstreiter ist, christlich orientiert zu sein, auch wenn das Gebot der Nächstenliebe die Arbeit natürlich erleichtert.

Notschlafstelle Vinzirast in Wien 12

Seit Anfang April dieses Jahres gibt es eine neue Vinzi-Initiative, für die Cecily Corti, die Witwe des verstorbenen österreichischen Regisseurs Axel Corti verantwortlich zeichnet. Sie hat gemeinsam mit Wolfgang Pucher die Vinzirast im 12. Wiener Gemeindebezirk gegründet - eine Notschlafstelle für Wohnungslose, die in keiner anderen Obdachloseneinrichtung mehr aufgenommen werden.

Nicht nur Alkohol ist in der Vinzirast erlaubt, auch Haustiere dürfen die Gäste mitbringen. Und in der Zwischenzeit finden auch Frauen sowie Ausländer ein freies Bett. Die Niederschwelligkeit der Vinzirast birgt aber auch Probleme. So wird etwa der Konkurrenzkampf zwischen in- und ausländischen Obdachlosen immer härter.

Banges warten auf kalte Jahreszeit

Doch Cecily Corti hat es nie bereut, sich einst entschlossen zu haben, den umstrittenen Grazer Pfarrer zu unterstützen. Und so macht sie unerschrocken ihre Nachtdienste und wartet mit Bangen auf die kalte Jahreszeit - denn bereits in diesem Sommer sind sämtliche Obdachlosenhäuser ausgelastet.