Mitgestalter des akustischen Designs von Ö1

Richard Goll

Richard Goll machte seine ersten Gehversuche im Radio in der Jugend-Redaktion. Er kam zur “Ö3-Musicbox“, einem damals wichtigen Forum für die österreichische Jugend. Gemeinsam mit Alfred Treiber baute er die Feature-Redaktion auf, deren Leiter er 1987 wird.

Richard Goll

Ich habe die Platte in Wien in einem kommerziellem Plattengeschäft gekauft, die erste “Hey Joe“, und dort war eine Verkäuferin die wirklich offensichtlich einen Blick gehabt hat, was los ist, und der habe ich kurz gesagt, was ich suche, und die hat mir die Platte gebracht und ich hab’s gehört und hab´ gewusst, das ist es. Und daher habe ich ihn als erstes auf Sendung gebracht im Rahmen des österreichischen Rundfunks, das muss Ende 1966 gewesen sein würde ich schätzen und seit der Zeit habe ich gewusst der Bursche hat was drauf.

Gemeint ist Jimi Hendrix, den Richard Goll für Österreich entdeckt hat. Zu dieser Zeit machte Goll gerade seine ersten Gehversuche im Radio.

Start in der Jugend-Redaktion

Es war nicht unbedingt sein Wunsch, für den Rundfunk zu arbeiten. Nach der Matura probierte er es unter anderem mit einem Medizinstudium und Theaterwissenschaft. Außerdem arbeitete er als Lagerarbeiter und Autovermieter.

Goll wusste eigentlich nicht, was er machen sollte. Günstige Konstellationen im Bekanntenkreis seiner Eltern brachten Richard Goll schließlich zum ORF, wo er in der Jugend-Redaktion anfing.

Leidenschaftlicher Musicboxler

Richard Goll kam dann zur “Ö3-Musicbox“. Anfangs beschäftigte er sich hauptsächlich mit Musikthemen und seine große Leidenschaft war der Deltablues. Wie viele ehemalige Musicboxler betont auch Goll, wie wichtig die “Musicbox“ im konservativen Österreich der späten sechziger und frühen siebziger Jahre für die Sozialisierung der Jugend war. Und das, obwohl die Redaktion nicht zu den Lieblingen der ORF-Geschäftsführung gehörte.

Klar war, dass wir natürlich schon ein paar Modelle gutgeheißen haben, die überhaupt nicht mit der etablierten Gesellschaftsmeinung übereingestimmt haben. Und damit war es logisch, dass das Etikett “links“ draufgepickt ist. Man war nicht irgendwo ideologisch verbohrt angesiedelt, sondern man hat einmal das gut gefunden, das gut gefunden, es waren dann meistens Inhalte, die nicht ganz mit dem konservativem Mainstream in Einklang zu bringen war.

Ausstieg aus der “Musicbox“

Generalintendant Gerd Bacher bekommt eine fehlerhafte Abschrift einer Sendung, für die Goll verantwortlich war, und erteilt prompt Berufs- und Hausverbot.

Ich bin eigentlich dazugekommen wie die Jungfrau zum Kind, um gleich einen Gegenpol ideologisch einzubringen, ich habe Chefvertretung gehabt, weil Urlaubszeit war. Und nach strenger ORF-Richtlinie konnte ein freier Mitarbeiter gar keinen Chef vertreten, also ich hab’s dürfen, aus irgendwelchen Gründen, eh nicht wirklich, glaub ich, und habe einen Auftrag der vergeben war einfach passieren lassen und da hat ein katholischer Kaplan, glaube ich, ein wenig unkritisch von seiner Reise mit einer Jugendgruppe zu den Jugendweltspielen nach Berlin berichtet, und das wurde folgerichtig dann, sage ich ein wenig zynisch, als pro-kommunistische Agitation verstanden.

Die Kommentare des Kaplans über die Verhältnisse in Ost-Berlin waren in der Abschrift als Moderation, und nicht als Zitat gekennzeichnet. Der Irrtum wurde ausgeräumt, und nach etwa acht Wochen waren Richard Goll und Michael Schrott, der Autor des Beitrags, wieder im Dienst. Goll zog jedoch für sich Konsequenzen und stieg aus der “Musicbox“-Redaktion aus.

Aufbau der Feature-Redaktion

Der eigentliche Wendepunkt seiner Karriere kam jedoch schon knapp ein Jahr zuvor. Zusammen mit Alfred Treiber gestaltete er das Feature “Prater - Soziologie eines Vergnügens“. “Diese Sendung war wohl die Initialzündung zum Aufbau und für die Arbeit der heutigen Feature Redaktion“, schreibt der ORF 1992 zum 25. Jubiläum von Ö1.

Das Duo Goll-Treiber gestaltete von 1973 an regelmäßig Features. 1978 wurde das Sozial-Feature “Der Sonnenzug“ mit dem prestigeträchtigen "Prix Italia" ausgezeichnet.

Was ist ein Feature?

Was übrigens ein Feature genau ist, kann selbst ein Feature-Mann der ersten Stunde wie Richard Goll nicht in einem Satz erklären.

Mein Lieblingszitat in Sachen Definition ist das eines Kollegen der BBC, der gesagt hat, “wenn zwei und zwei vier ist, dann hat man eine Dokumentation, und wenn es vier plus, also mehr als vier ist, dann ist ein Feature. Das ist jetzt eine sehr kurze Definition, man muss es leider erklären. Das heißt also ganz einfach gesagt, wenn das Hörerlebnis sozusagen mehr ist als die reine Summe der Elemente, wenn es mehr als die Addition der Elemente ergibt, wenn beim Hören sich irgendein Horizont geöffnet hat oder was immer, wenn sich was beim Hörer getan hat, dann ist es ein Feature.

Leiter der Feature-Redaktion

1987 wird Goll Leiter der Feature-Redaktion und 1999 wird er Stellvertreter des Ö1-Programmchefs Alfred Treiber.

Einer von Golls größten persönlichen Radio-Erfolgserlebnissen war die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Werner Pirchner für das akustische Design von Österreich 1.