Sportreporter mit Leib und Seele

Heribert Meisel

Heribert Meisel war ein Sportreporter mit Leib und Seele. Seine Radio-Reportagen zogen die Hörer in den Bann und unterhielten sie. Als profunder Kenner des Sportzirkus hinter den Kulissen deckte er in seinen Analysen auch die Kehrseiten der Medaille auf.

Heribert Meisel

"Er wirkt wie eine Bombe mit Zeitzündung. Unter seiner Reportage fallen bisherige Größen um wie Fliegen, ohne dass man wenigstens Brummer hätte, um sie zu ersetzen. Das Publikum schickt dem wackeren Österreicher Liebesbriefe, brave Sprecher fühlen den Boden unter sich vulkanisch werden. Es knistert im Gebälk des Sportfunks in Nord, West und Süd."

schrieb die Hamburger "Welt am Sonntag" über Heribert Meisel.

Die Hörer in den Bann ziehen

Heribert Meisels mitreißende Reportagen vermochten die Zuhörer in den Bann zu ziehen, zumal das Radio damals DAS Übertragungs-Medium für live gesendete Sportwettkämpfe war.

Schon als Mittelschüler betrieb der am 15. Oktober 1920 in Baden bei Wien geborene Heribert Meisel acht Sportarten: Fußball, Ski laufen, Schwimmen, Wasserball, Handball, Eishockey, Tischtennis und Tennis. Als Tennisspieler gewann er sogar Jugend-Meisterschaften.

Geborener Sportreporter

Nach einem abgeschlossenen Studium an der Hochschule für Welthandel kam er während des Krieges zum ersten Mal mit Journalismus in Berührung. Für eine Soldatenzeitung schrieb er Theater- und Musikkritiken und ganz nebenbei auch Sportberichte. Nach dem Krieg begann er als Sportredakteur bei der wöchentlich erscheinenden "Salzkammergut-Zeitung".

Zum Rundfunk sollte ihn im Sommer 1947 der Zufall bringen: Da kein geeigneter Sport-Kommentator für die Übertragung des Radrennens "Quer durch Österreich" aufzutreiben war, bot ihm der Linzer Sender “Rot-Weiß-Rot“ diese Aufgabe an. Von da an war klar, dass Heribert Meisel der geborene Sportreporter war.

Ein Entertainer

Selten war der Fall, dass ihm die Worte fehlten, wurde er doch bereits nach seiner ersten Live-Reportage 1948 vom Fußball-Länderspiel Österreich gegen Tschechoslowakei in Pressburg als Nachfolger des legendären Professor Willi Schmieger bezeichnet.

Der ehemalige Sportchef des ORF Thaddäus Podgorski erinnert sich:
"Der Heribert Meisel war kein Sportreporter. Der Heribert Meisel war ein Entertainer. Es war reine Unterhaltung. Es war ein Vergnügen, wenn er sich aus dem Stadion gemeldet hat. Er hat Situationen beschrieben. Er hat Partei ergriffen, was ganz wichtig ist im Sport. Er war witzig, er hat Humor gehabt, er hat neben seiner wirklich fundierten Sachkenntnis soviel Bildung gehabt und G'scheites vermittelt. Der Sport war - kann man fast sagen bei ihm - nur das Vehikel für unglaublich gute Unterhaltung."

Kabarettreife Reportagen

"es soll dieses zweite Bummerl, dieses zweite Goal, auf das wir so sehnsüchtig warten, es soll nicht fallen, es ist ja zum verzweifeln ... Tor, Tor, Tor ... " jubelt Meisel beim Länderspiel Österreich gegen Ungarn am 8. Oktober 1961 im Wiener Stadion.

Heribert Meisel war Sport-Kommentator mit Leib und Seele. Er lachte und weinte zugleich vor dem Mikrofon. Wenn auch seine Live-Reportagen manchmal kabarettreif waren, so verschwieg er in seinen Kommentaren und Analysen nie die Kehrseite der Medaille, war er doch ein profunder Kenner des Sportzirkus hinter den Kulissen. Der Sportchef des Senders "Rot-Weiß-Rot" blieb bis zu seinem Tod auch Leiter des Sportressorts beim “Kurier“.

Atemberaubende Live-Reportagen

"Die Wut im Bauch ist nicht das schlechteste Doping im Sport" schrieb Meisel, als die ersten Doping-Skandale ans Licht der Öffentlichkeit kamen. Atemberaubend sind allerdings auch heute noch seine Live-Reportagen geblieben.

Als Heribert Meisel im Oktober 1965 das Länderspiel Österreich gegen England im Wembley-Stadion vor 65.000 Zuschauern übertrug, ahnte noch niemand, dass er sich zum letzten Mal über ein österreichisches Tor vor dem Mikrofon gefreut hatte. Heribert Meisel starb kurz nach seinem 46. Geburtstag am 31. Oktober 1966.