Denken und reagieren
Musik als Vermittler
Bei der Ars Electronica wird der Physiker und Musiker Joe Paradiso einen riesigen Audio-Synthesizer präsentieren, den er zwischen 1974 und 1988 entwickelt hat. Der "Modulare Synthesizer" macht selbständig überaus ungewöhnliche Musik.
8. April 2017, 21:58
Musik als Mittler zwischen Mensch und Maschine
Musik, Computer und Elektronik sind aber nicht nur der Zeitvertreib von Joe Paradiso, sondern auch der Inhalt seiner Forschungsarbeit am MIT Media Lab in Boston. Paradiso leitet dort die "Responsive Environments Group" und entwickelt mit seinen Studenten Dinge, die denken können und auf ihre Umgebung reagieren. Die Musik dient dabei häufig als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
Vordenker der digitalen Zukunft
Die Ideen und Projekte der Forschergruppe geben häufig die Richtung vor für die Computer und digitalen Helfer der Zukunft. Vor einigen Jahren hat Joe Paradiso zum Beispiel Turnschuhe vorgestellt, die mit Sensoren vollgestopft sind und mit denen ein Tänzer durch Bewegungen Musik steuern kann.
Aus diesem Projekt ist mittlerweile ein Schuh entstanden, der die Diagnose und Therapie von Geh-Problemen einfacher und kostengünstiger machen soll. Die Schuhe könnten damit aufwendige Bewegungsmessungen ersetzen, die derzeit nur in speziellen Labors durchgeführt werden können.
Sensorschuhe als Therapie
Eine Zielgruppe für die Sensor-Schuhe sind zum Beispiel Parkinson-Patienten. Diese haben das Problem, dass sie beim Gehen oft keinen regelmäßigen Rhythmus halten können und zum Beispiel vor einer Tür anfangen, auf der Stelle zu treten. Die Sensorschuhe können dieses Zögern erkennen und dem Patienten eine Musik mit starkem Rhythmus vorgeben, der ihn zum Weitergehen zwingt.
Joe Paradiso sieht aber viele Einsatzmöglichkeiten für den Sensorschuh und ähnliche Anwendungen: "Auch gesunde Menschen könnten damit trainieren. Sie könnten einen Walkman oder einen Taschencomputer benützen, der drahtlos mit Sensoren kommuniziert, die man an verschiedenen Körperstellen trägt. Das könnte Informationen für das richtige Training und den Trainingserfolg liefern."
Taktstock der Zukunft
Mit Musik und Bewegung hat auch ein anderes Projekt der "Responsive Environments Group" zu tun: billige drahtlose Sensoren, mit denen eine Gruppe von Menschen gemeinsam Musik steuern kann. Der Taktstock der Zukunft ist ein kleines Plastikröhrchen, in dem verschiedene Sensoren, eine Einheit zur Stromerzeugung, eine Batterie und ein Sender stecken. Die Forscher haben Hunderte dieser Röhrchen bei Tanzveranstaltungen verteilt und die Tanzenden konnten damit gemeinsam die Musik steuern.
Kommunizierende Anstecker
Unzählige Sensoren in kleinen Dingen unterzubringen ist die Spezialität der "Responsive Environments Group". Das absolute Über-Drüber-Ding ist der "Uberbadge".
"Uber" steht für "ubiquitous experimental research", ist aber auch ein Spiel mit dem deutschen Wort "über". Es ist ein tragbarer Anstecker, etwa vier mal sechs Zentimeter groß, auf dem sechs mal acht LEDs drauf sind. Man trägt also ein Zeichen, auf dem man Buchstaben durchlaufen lassen oder Grafiken zeigen kann und das man schon von weitem sieht.
Der Anstecker hat Infrarot und kann sehen, wohin der Träger gerade schaut und mit wem er spricht. Er kann außerdem drahtlos mit anderen Ansteckern oder einer Basisstation kommunizieren. Er hat viele Sensoren und ein Mikrofon und kann Töne aufnehmen oder hören und darauf reagieren.
Der Anstecker könnte zum Beispiel die üblichen Namensschilder bei Konferenzen ersetzen und die Suche nach anderen Konferenzteilnehmern erleichtern. Man kann dann den Namen einer Person, die man sucht, einprogrammieren und wenn man herumgeht, blinken die Anstecker der Anderen mit einer bestimmten Frequenz, je nachdem, wann sie die Person zuletzt gesehen haben.
Links
Responsive Environments Group
Joe Paradiso
Modularer Synthesizer
Ars Electronica Festival 2004
matrix.ORF.at
futurezone.ORF.at