Neue Aspekte eines alten Themas
Musik und Trance
Das diesjährige Symposium zum Festival "Glatt & Verkehrt" widmet sich einem Phänomen der Musikgeschichte, das wohl so alt ist wie Musik selbst: Musik und Trance. Eine kurze Geschichte von Techno und Trance.
8. April 2017, 21:58
I.O: "Monster" (XXX-Compilation 1993)
An insgesamt drei Tagen will man sich beim Symposium "Im Zwischenreich - Musik und Trance" dem Thema interdisziplinär nähern, aus der Sicht der Musikwissenschaft, Ethnologie, Medizin sowie Psycho- und Musiktherapie. Darüber hinaus werden Ergebnisse aus den Bereichen Tanz, Medien und zeitgenössischer Musik vorgestellt werden.
"Trance und Ekstase finden sich in allen gegenwärtigen und vergangenen Kulturen", heißt es im Text zum Symposium, "wobei bestimmte Formen der Bewusstseinsveränderung in das traditionelle Weltbild integriert werden. Musik ist dabei zentraler Bestandteil, sei es in der magisch-religiösen Praxis von Schamanismus und Sufismus, in der christlichen Orthodoxie oder im Kontext von Techno und Rave."
Trance als Musikgenre
Trance ist nicht nur Ausdruck für einen Bewusstseinszustand, sondern auch die Bezeichnung für ein Musik-Genre. Auf der Internetseite des deutschen Trance-Archivs findet sich folgende Definition: "Trance - das ist Sinnesbeeinflussung durch Musik - das Hinübergleiten vom normalen zum erweiterten Bewusstsein. Eine Kombination aus Hypnose und Meditation - aber auch purer Ekstase. Trance-Musik ist akustische Stimulation: Der Hörer setzt sich bewusst einer Geräuschkulisse aus, die ihm hilft aus der Realitätswahrnehmung auszusteigen und andere Bewusstseinszustände zu erleben. (...) Die Entwicklung von dem was heute unter 'Trance' verstanden wird, wurde vor allem von House und Techno beeinflusst."
Technikfetischismus und Spiritualität
Fällt das Wort Trance, dann fällt meist auch das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindliche Wort Goa-Rave, womit die Richtung, in die die angestrebte Bewusstseinserweiterung gehen soll, bereits angedeutet wäre: Trance, als Musikgenre verbindet auf eigentlich paradoxe Art und Weise Technikfetischismus mit fernöstlicher Spiritualität.
Charakteristisch ist für Trance dabei nicht nur der für Techno typische "4 to floor" Rhythmus, sondern auch der exzessive Einsatz sphärischer Elemente und harmonischer Melodien.
Techno - Die Anfänge
Als zentraler Impulsgeber der Techno-Bewegung und elektronischen Club-Kultur wird immer wieder die Düsseldorfer Formation Kraftwerk genannt, die in den 70er Jahren einen neuen Massenkult der Maschinenmusik lostreten sollte. Etwa zeitgleich entstand Detroit-Techno.
Im Wesentlichen aber, kann man sagen, war die Zeit einfach reif: Drum-Machines und Synthesizer, etwas später dann auch Computer waren endlich erschwinglich; der Bedroom-Production stand damit nichts mehr im Wege und seitens der Jugendlichen suchte man nach einer neuen Bewegung, mit der man sich identifizieren konnte, die kein müdes Wiederholen von bereits da gewesenem war - eine neue Bewegung, die den Geist der Zeit widerzuspiegeln vermochte.
Kampf-Hedonismus gegen Reizüberflutung
Die Antwort auf zunehmende Reizüberflutung und Marketingterror waren Techno- und Rave-Partys: Kampf-Hedonismus, die schnelle Flucht auf möglichst vielen 'Beats per Minute' in eine andere, scheinbar glücklichere Welt.
Wenige Minuten reichten aus, um eins zu werden mit dem Techno-Universum, um den eigenen Puls in Gleichklang zu bringen mit hunderten anderen jugendlichen und jung gebliebenen Tanzwütigen und um kollektiv in einen Trance-Zustand zu versinken.
Vordringen in Extrembereiche
In den letzten rund zehn Jahren haben sich immer mehr verschiede Spielweisen elektronischer Club-Musik herausdifferenziert, von Minimal Techno über Drum and Bass bis hin zu Gabba, und zahlreiche Musiker haben sich, auf der Suche nach dem immer neuen Sound, in Extrembereiche vorgearbeitet.
Unkonventionelles Plattenspiel
Eine Möglichkeit eines experimentellen Zugangs zu Techno eröffnete beispielsweise der unkonventionelle Gebrauch von Plattenspielern. Ein gutes Beispiel hierfür liefern die vier Musiker des Instituts für Feinmotorik.
Sie bleiben dem minimalen repetitiven Charakter von Techno treu, erzeugen ihre Musik jedoch nicht mit Hilfe von elektronischem Gerät, sondern mit einer Reihe von Plattenspielern, deren Abtastnadeln sie allerhand Hindernisse in den Weg legen. So müssen diese etwa über Papier und Pappe rotieren oder werden mit Tesafilm verklebt, wodurch sie eigentümlich ins Schwingen geraten.
Unkonventionelles Cellospiel
Ebenfalls einen unkonventionellen Zugang zu elektronischer Club-Musik pflegt der Cellist Arnold Haberl aka Noid auf seiner unlängst auf Artonal Records erschienen CD monodigmen.
Mit monodigmen hat Noid versucht, die Loop-Ästhetik elektronischer Musik auf das instrumentale Spiel zu übertragen, um dabei in die Microstrukturen des Instrumentalklanges vorzudringen.
Mehr zu Glatt & Verkehrt in Ö1 Club Aktuell
Links
Im Zwischenreich - Musik und Trance
Programm zum Symposium
Donau-Universität Krems
Trance Archiv
Institut für Feinmotorik
Artonal Recordings
Kraftwerk