Ein vergessenes Genie
Von Peuerbach bis Newton
150 Jahre vor der Erfindung des astronomischen Fernrohres berechnete er schon die Bewegungen der Gestirne. Seine Vorarbeiten halfen Kopernikus wesentlich bei der Entwicklung der heliozentrischen Weltsicht. Trotzdem geriet Georg von Peuerbach in Vergessenheit.
8. April 2017, 21:58
Peuerbach ist eine kleine Stadt zwischen Eferding und Schärding in Oberösterreich, Anfang des 17. Jahrhundert Schauplatz blutiger Schlachten während der Bauernkriege. Aus Peuerbach stammt allerdings auch einer der großen Mathematiker, Dichter und Humanisten Österreichs: Am 30. Mai 1423 ist in dem damaligen Marktflecken Georg Aunpekh zur Welt gekommen, der als Georg von Peuerbach eine der bedeutenden Figuren der spätmittelalterlichen Wissenschaft geworden ist.
Bedeutender Wissenschaftler seiner Zeit
Peuerbach wurde zu einem der wichtigsten Mitglieder der damals noch jungen Universität Wien und Hofastronom Kaiser Friedrich III. Nicht ohne Grund ist auf dem Campus der Wiener Universität ein Eingangstor nach ihm benannt, befindet sich seine Grabstätte im Wiener Stephansdom und trägt ein Mondkrater bereits seit 1651 seinen Namen. Allerdings findet man in Lexika kaum etwas über seine Arbeiten und sein Wirken.
Erst als Prof. Dr. Friedrich Samhaber mit großem Engagement begann, ein eigenes Peuerbach - Archiv aufzubauen, Dokumente über Leben und Werk zusammenzutragen und in einer Dauerausstellung im Schloss Peuerbach dem Publikum zugänglich zu machen, änderte sich diese Situation.
Alle zwei Jahre wird dort in einer Sonderausstellung den Auswirkungen von Peuerbachs Arbeiten nachgespürt. Heuer heißt sie: "Der neue Blick ins All: Von Peuerbach zu Newton".
Peuerbach's Planetentheorien
Mit dem Buch "Theoricae novae planetarum", den neuen Planetentheorien, herausgegeben von seinem Schüler Regiomontanus elf Jahre nach dem 1461 erfolgten frühen Tod von Georg von Peuerbach, wurde das bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts beliebteste astronomische Lehrbuch publiziert.
Es hat, so Friedrich Samhaber in der "Zeitzither", "wie kein anderes Buch die Astronomie des ausgehenden Mittelalters belebt, vertieft und in bemerkenswerter Weise in naturwissenschaftlich exakte Bahnen gelenkt".
Für seine Beobachtungen hatte Peuerbach allerdings eines noch nicht zur Verfügung: Das Fernrohr, das das Zentrum der diesjährigen Ausstellung bildet.
Die Geschichte des Fernrohrs
Wahrscheinlich wurde das Fernrohr um 1608 von dem holländischen Brillenmacher Hans Lipperskey erfunden, Galileo Galilei baute ein Jahr später nach Informationen aus Holland eines dieser Geräte, das die Gegenstände mehr als tausendmal vergrößerte, und war einer der ersten, der astronomische Beobachtungen durchführte.
Das Kepler-Fernrohr
Johannes Kepler lernte das Fernrohr über den Kurfürsten von Köln, dem Galileo eines zum Geschenk gemacht hatte, kennen und konnte in Prag elf Tage damit arbeiten.
Kepler ging einen entscheidenden Schritt weiter und entwarf Grundlagen der Optik, in dem Buch "Ad vitellionem paralipomena" ("Zusätze zur Optik Witelos"), das 1604 erstmals veröffentlicht wurde, und in der 1611 gedruckten "Dioptrik".
Nach Erscheinen dieser Bücher kannte man die theoretischen Grundlagen, die es ermöglichten, die Linsen optimal zu schleifen und die Fernrohre zu verbessern. Es entstand durch Kombination von zwei bikonvexen - Linsen das astronomische oder Kepler-Fernohr.
Das Spiegelteleskop von Newton
Sechs Jahrzehnte später begann Isaac Newton sich mit den Defiziten der damals bekannten Fernrohre zu beschäftigen: Die chromatischen Farbabweichungen der Glaslinsen schien im ein unüberwindliches Hindernis zu sein, weshalb er sich den Spiegelteleskopen zuwandte und zwei dieser Instrumente baute.
Er suchte nach neuen Legierungen für das Spiegelmaterial und versuchte selbst, das schwierige Schleifen und Polieren der Metallspiegel zu verbessern, das er dann in seinem Buch "Opticks" detailliert beschrieb.
Die Bewegung der Himmelskörper
Newton steht in einer direkten wissenschaftlichen Linie, die von Peuerbach über Kopernikus, der das heliozentrische Weltbild definierte, Ticho Brahe und Johannes Kepler, der die Planetengesetze formulierte, zu dem Engländer führt.
Denn Peuerbach hatte als erster die Idee, dass es im Weltall Punkte geben müsse, die eiförmige, beziehungsweise elliptische Bewegungen ausführen und sich nicht in perfekten Kreisen, oder Epizyklen, die aus perfekten Kreisen bestehen, bewegen.
Aufzuzeigen, wie es dazu kam, dass mit Hilfe der Fernrohre "höchst seltsame Wunderdinge" gesehen werden konnten, was zu einem fast philosophischen Staunen der damaligen Denker und Wissenschafter führte, hat sich die Ausstellung im Peuerbacher Schloss vorgenommen.
Ausstellungs-Tipp
"Der neue Blick ins All: Von Peuerbach zu Newton" bis 31. Oktober 2004 im Schloss Peuerbach.
Link
Schloss Peuerbach