Imitationen, Placebos, pures Gift

Tödliche Pillen

Es ist nicht drin, was draufsteht. Millionen Menschen in Entwicklungsländern sterben, weil sie gefälschte Medikamente nehmen. Doch auch mitteleuropäische Tablettenkäufer sind stärker gefährdet als sie denken.

Medikamentenfälschung: Tatort Nigeria

Mindestens sieben Prozent aller weltweit verkauften Medikamente sind - so eine Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO - oft raffiniert hergestellte Fälschungen; sie erbringen 25 Milliarden Dollar Umsatz jährlich; jede Stunde stirbt, zum Beispiel, ein Mensch, weil er wirkungslose Malaria-Tabletten nimmt.

Betroffen sind vor allem Entwicklungsländer. Den Markt für tödliche Pillen (Imitationen, Placebos, bisweilen auch pures Gift) bereiten dort wirtschaftliche Liberalisierung, Armut und miserable staatliche Verwaltung.

Die Vernachlässigung des Gesundheitswesens, Korruption und verantwortungsloser wirtschaftlicher Ehrgeiz der politischen Führung erleichtern mafiaähnlich organisierten und international operierenden Fälschersyndikaten das tödliche Geschäft.

Die Fälscherzentren

Als Fälscherzentren gelten Indien und China. Dort wie anderswo sind breite Bevölkerungsschichten auf "Selbstmedikation" angewiesen. Weil viele ihr letztes Geld für Fälschungen ausgeben, bleiben millionenfach Krankheiten unbehandelt; es entwickeln sich Resistenzen.

Zunehmend sind - vor dem Hintergrund immer unübersichtlicherer Pharma-Vertriebswege (u. a. EU-Reimporte) und des Internet-Handels - auch Industrieländer bedroht. Im deutschen Handel etwa liegt, so Experten, der Anteil von Fälschungen und "Sub-Standard-Medikamenten" im Handel bei sechs Prozent.

Kampf gegen Medikamentenfälschung

Angesichts einer Verdreifachung aufgedeckter Fälschungsfälle in den USA binnen eines Jahres hat die US-"Food and Drugs Administration" FDA im Oktober 2003 eine spezielle "task force" eingesetzt.

Nachdem insbesondere die Pharmaindustrie das Problem lange totgeschwiegen hat, beginnen allmählich die Wirtschaft, engagierte Mediziner, einige nationale Behörden und die WHO ihre Kräfte zu koordinieren, um - soweit es geht - Dämme gegen das Fälscherunwesen aufzubauen. Dies dürfte nur gelingen, wenn auch der Zugang der Ärmsten zu echten Medikamenten entscheidend verbessert wird.

Mehr dazu in science.ORF.at

Links
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Food and Drugs Administration (FDA)
Pharma-Anticounterfeiting
British Medical Journal - Murder by fake drugs
German Pharma Health Fund e.V. - Modellprojekte zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern