Die AVL List

8. April 2017, 21:58

AVL-Chef Helmut List zur Erfolgsstory seiner Firma

Die Grazer Motorenentwicklungsfirma AVL List hat maßgeblich dem PKW-Diesel zum Durchbruch verholfen. Sie hat den Verbrauch ebenso gesenkt wie die Abgasemissionen und den Geräuschpegel. Warum das wenig bekannt ist, hat gute Gründe ...

Geheimhaltung lebenswichtig

Erstens liegen die entscheidenden Entwicklungsarbeiten schon lange zurück, und zweitens ist in der heißen Phase vor dem Serienauftritt eines neuen Motors Geheimhaltung lebenswichtig für eine unabhängige Entwicklungsfirma wie AVL. Und noch etwas: Die großen Autokonzerne wollen oft gar nicht, dass die Mithilfe einer anderen Firma bekannt wird, denn sie wollen ihr Auto uneingeschränkt als eigenes Produkt unter der eigenen Marke verkaufen.

AVL Mitentwickler des TDI-Motors

AVL hat daher trotz großer Erfolge kaum jemals die eigenen Kunden genannt. Dass AVL List den TDI-Motor des VW-Konzerns maßgebend mitentwickelt hat, gilt als offenes Geheimnis, wird aber auch über 20 Jahre danach noch nicht offiziell bestätigt.

AVL hat mit seiner heiklen Lage leben gelernt, mit Autokonzernen, die einander am Markt einerseits heftige Konkurrenzkämpfe liefern, andererseits aber Forschungs- und Entwicklungsaufträge an die Grazer Ingenieure von AVL vergeben.

Ausnahmeerscheinung durch Firmengründer

AVL List ist in vieler Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung: Dass in einem Land ohne eigene Autoindustrie eine weltweit agierende Motorentwicklungsfirma entstanden ist, und das zu einer Zeit, in der im Grazer Puch-Werk noch Fahrräder und Motorräder zusammengeschraubt wurden, das liegt sicher an der Persönlichkeit des Firmengründers Professor Hans List.

1946 hat der leidenschaftliche Techniker und Forscher mit Wagemut und mit großem kommerziellen Geschick ein Ingenieursbüro für die Motorenentwicklung gegründet, die AVL, die "Anstalt für Verbrennungsmotoren Hans List". List war damals 50 Jahre alt, konnte bereits auf eine erfolgreiche internationale Hochschultätigkeit zurückblicken, wollte aber trotzdem Unternehmer werden.

Am Anfang stand ein kleiner Diesel...

Lists Begeisterung galt dem Dieselmotor mit seiner einfachen Technik und dem geringen Verbrauch. Am Anfang stand ein kleiner Diesel für einen Kompressor der Jenbacher Werke, wie er für den Betrieb von Pressluftbohrern am Bau gebraucht wird - ein Erfolgsprodukt in den Zeiten des Wiederaufbaues nach dem Krieg.

Motoren für LKW, Traktoren und Schiffe für Hersteller in aller Welt folgten. Erst Mitte der 70er Jahre kam dann der Einstieg in die Entwicklung des PKW-Dieselmotors mit den Höhepunkten Direkteinspritzer und Verkapselung des Motors zur Geräuschdämmung. Und wenn AVL einen Motor abgeliefert hat, dann wurde auch gleich der Prüfstand dazu mitverkauft. Und so entstand eine wohlfundierte Stellung als weltweiter Lieferant von Motorenprüfständen.

Die High-Tech-Denkfabrik

1979 hat der Sohn von Hans List, Helmut List, die Führung der AVL übernommen und den Weg zur High Tech Denkfabrik konsequent weiterverfolgt. Schon längst beschäftigt sich AVL auch mit Benzinmotoren.

Letzter Schrei ist die systematische Anpassung einer Art Einheitsmotor an verschiedene Automodelle, an verschiedene Märkte, an die unterschiedlichen Fahrcharakteristiken und an die verschiedenen Abgasvorschriften. Und die Arbeit an der Schadstoffreduktion geht weiter. Die Vision von Helmut List: Die Verbrennung so zu gestalten, dass es im Abgas keine oder nur noch kaum messbare Schadstoffe gibt.

Die AVL ist mit 2800 Mitarbeitern und 400 Millionen Euro Umsatz die größte unabhängige Motorenentwicklungsfirma der Welt. Mit dem Bau der Helmut-List-Halle anlässlich von "Graz 03" hat AVL nach Jahrzehnten extremer Zurückhaltung einen entscheidenden Schritt in die Öffentlichkeit getan.