Renaissance eines Sounds

Die Hammond-Orgel

Ob wild oder sanft, der unverwechselbare Klang jenes Urzeit-Monsters der Jazzgeschichte ist bis heute unerreicht. Unüberhörbar meldet sie sich zurück, die gute alte Hammond-Orgel. Ein oftmals totgesagtes Instrument erlebt eine Renaissance.

Der Organist Raphael Wressnig über die Vorzüge der Hammond-Orgel

Sie wächst wieder, die Fangemeinde des satten Hammondorgel-Sounds, der geradezu süchtig machen kann. Ein Synchronmotor ist das Herzstück dieser speziellen elektromagnetischen Tonerzeugung - eine Erfindung, die ursprünglich ausschließlich dem Antrieb von Präzisionsuhren diente.

Dass der gleiche Motor später insgesamt 91 Tonräder im Orgeltongenerator antreiben sollte, war bereits eine Zweitverwertung. Die unterschiedlich großen Tonräder drehen sich in einem Magnetfeld, wo durch Induktion je nach Geschwindigkeit und Art des Tonrades verschiedene Töne erzeugt werden können. Je nach Kombination, die über Register-Zugriegel bestimmt wird können so mehrere hundert Millionen Varianten von Klangbildern erzeugt werden. Dazu kommen noch weitere Effekte, wie Vibrato oder Percussion.

Vom Uhrmacher zum Instrumentenbauer

1935 war das Geburtsjahr des ersten Prototyps jenes Instruments, dass unter der Modellbezeichnung B3 eine steile Karriere in der Welt des Jazz, Soul und Funk erleben sollte.

Eigentlich hat sie der Chicagoer Uhrmacher Laurens Hammond ja als preiswerte und vor allem transportable Alternative zur immobilen Kirchenorgel geplant. Doch sehr rasch sollte sie einen geradezu höllischen Siegeszug in einer eher profanen Musikwelt antreten.

Was den konservativen Mister Hammond nicht so sehr freute: Dass Stars wie etwa George Gershwin oder Count Basie Orgel der ersten Generation bei ihm orderten. Erst in den 60er Jahren begann er sich nach dem Markt der populären Musik zu richten, den er ja ohnehin schon längst beherrschte, ohne davor je etwas dafür getan zu haben.

Der kongeniale Partner: Das Leslie-Tonkabinett

So richtig vollständig ist die Hammond-Orgel aber erst mit dem Tonkabinett. Was Laurens Hammond nie ganz perfekt zustande brachte, lieferte 1942 ein gewisser Donald Leslie. In der von ihm erfundenen Schrankkoffergroßen Box hauchen zwei rotierende Lautsprecher der Hammond-Orgel ihren wimmernden Sound ein und verleihen ihr einen ganz speziellen Raumklang.

Allein das krächzende Grundgeräusch des Leslie-Tonkabinetts und des Synchronmotors lässt das Herz des Hammond-Fans höher schlagen. Doch Donald Leslie hat damit bei Laurens Hammond stets eine Abfuhr erhalten. Das ging so weit, dass dieser einen Verfall der Garantie androhte, sollte ein "Leslie" an eine Hammond-Orgel angeschlossen werden.

Unverwechselbarer Klang

Freilich hielt sich kaum jemand daran. Und doch: Erst nach dem Tod von Laurens Hammond im Jahr 1973, als sein Unternehmen nach Japan verkauft wurde, fanden die beiden so kongenialen Erfindungen offiziell unter einem Dach zu einander.

Kein noch so hochgezüchteter Synthesizer konnte je das typische Klangerlebnis einer Hammond-Orgel glaubhaft auf ein bei weitem leichter transportables digitales Taschenformat komprimieren. Zwischen 150 und 200 Kilogramm bringen die elektromagnetischen Originale auf die Waage mit all ihren Innereien, bestehend aus Zahnrädern, Elektromagneten, Röhren und Widerständen. Doch bis heute scheut kaum ein Organist den oft mühsamen Transport - denn nur eine "echte" Hammond-Orgel klingt auch wie eine echte.

Links
The International Archives for the Jazz Organ
Organ 1st
Eboardmuseum - das größte Museum der Welt für elektronische Orgeln