Schlaflos mit Österreich 1

Lange Nacht der neuen österreichischen Musik

Freunde der Neuen Musik machen die Nacht zum Tag: Am Donnerstag sendet Österreich 1 die "Lange Nacht der neuen österreichischen Musik". Einer der Schwerpunkte: Clemens Gadenstätters kompositorische Beschäftigung mit dem Genre "Comic-Strips".

Es war die große Premiere des heurigen Festivals Wien Modern auf dem Gebiet der neuen österreichischen Musik: Clemens Gadenstätters mehr als einstündiges Ensemblewerk "comic sense" wurde vergangene Woche im Mozartsaal uraufgeführt. In der "Langen Nacht der neuen österreichischen Musik" in Österreich 1 ist denn auch der Mitschnitt dieser Aufführung und ein Gespräch mit dem Komponisten zentraler Bestandteil.

Zudem wird der Komponist Jorge Sanchez-Chiong zu Gast sein, um von seinen jüngeren Experimenten auch jenseits des Komponierten zu erzählen. Wolfgang Seierl und das ambitionierte Komponistenprojekt in Mittersill werden mit der soeben erschienenen CD präsent sein, viele weitere neue CDs mit neuer österreichischer Musik zwischen Streichquartett und Elektronik werden im Laufe der Nacht erklingen.

Gadenstätter hinterfragt Vorgegebenes

Die Premiere von Clemens Gadenstätters Komposition schien sich auch als eine Premiere im Schaffen dieses Komponisten abzuzeichnen - oder hätte bis dahin jemand Ensemblemusik von Clemens Gadenstätter und das Genre der Comic-Strips in einem Atemzug genannt? Clemens Gadenstätter ist bekannt für seine metikulös genaue, feinstgliedrig gearbeitete Musik. Dem vorgegebenen Ton misstraut Gadenstätter zutiefst, immer wieder gewinnt er aus dem Hinterfragen des Vorgegebenen die musikalische Energie für seine Werke.

Als er vor einiger Zeit im Auftrag des ORF-Festivals "musikprotokoll im steirischen herbst" ein Orchesterwerk für das RSO-Wien komponierte, ließ er das schon im Titel erahnen: Auf-Takt hieß das Werk und genau daraus, aus dem minimalen Impuls eines Auftakts und seiner kompositorischen Hinterfragung, destillierte Gadenstätter seine Musik.

Musik aus dem Zwischenreich

"comic sense", im Auftrag der Erste Bank für Wien Modern und das Klangforum Wien geschrieben, bleibt dem penibel Genauen treu, auch dem produktiven Misstrauen gegenüber jeder Selbstverständlichkeit. Aber diesmal gönnt sich die Musik erstaunliche Pulsationen, rast und rattert und raschelt durch ins Absurde kippende Klangzustände. Immer wieder verbinden sich geräuschhafte Instrumentalklänge mit eigenartig schwappenden Keyboardklängen. Clemens Gadenstätter bringt damit die Musik in ein seltsames Zwischenreich, zwischen den Ernst der E-Musik und die subtile Komik des alltäglich Absurden.

Im Gespräch wird Gadenstätter in der "Langen Nacht" Hintergründe und Feinheiten seiner mehr als einstündigen Komposition "comic sense" erläutern. Dieses Werk wird in dieser Nacht zweimal erklingen: Zwischen 23:05 Uhr und Mitternacht in Ausschnitten und später dann in seiner ganzen Länge.

Repräsentatives von Michael Jarrell

Ebenfalls auf dem Programm der ersten Stunde dieser Langen Nacht: Ein repräsentatives Ensemblewerk von Michael Jarrell (der in Wien an der Universität für Musik eine Kompositionsklasse leitet) aus dem Programm des heurigen Festivals Wien Modern. "Essaims-cribles" trägt den schönen und bezeichnenden Untertitel "Ballet de Chambre für Bassklarinette und Ensemble".

Zwischen Mitternacht und 01:00 Uhr wird der Komponist Jorge Sanchez-Chiong im Studio zu Gast sein, um über seine aktuellen Stücke, sein Selbstverständnis als Komponist als zwischen geografischen Welten Wandernder zu erzählen - und auch von seinen jüngeren Experimenten jenseits des Komponierten.

Aktuelle CDs und das Boesze Salonorchester

Während der gesamten Nacht werden aktuelle CDs von einer Vielzahl österreichischer Komponisten erklingen. Die Bandbreite der in Österreich 1 präsentierten Musik (sowohl in seinen Spezialreihen für die aktuelle Musik wie Zeit-Ton oder der "Langen Nacht", aber auch im Konzertleben um 19:30 Uhr) wird aufgezeigt. Österreich 1 überträgt gleich am darauffolgenden Tag live aus Graz jenes Konzert der Wiener Philharmoniker, in dem unter dem Dirigat von Ingo Metzmacher die Uraufführung eines Violinkonzerts von Beat Furrer erklingt.

Außerdem in der "Langen Nacht" auf Freitag: Streichquartettmusik von Günther Kahowez und das "Boesze Salonorchester" mit kompositorischen Schmankerln. Der Gitarrist und Komponist Martin Siewert erkundet auf neuen CDs unendlich entspannte und doch spannungsgeladene Klangräume, das von Wolfgang Seierl mitgeleitete Komponistenforum Mittersill präsentierte soeben seine neue CD. Radikale Experimente von Peter Ablinger mit einem so bezeichnenden Titel wie "Orgel und Rauschen" fehlen in dieser "Langen Nacht" auch nicht.