Gedankenübertragung, Vorahnungen und andere unerklärliche Fähigkeiten
Der siebte Sinn des Menschen
Telepathie, Vorahnungen und das unwillkürliche Erkennen der Absichten anderer Menschen sind das Thema des neuen Buches von Rupert Sheldrake. Alles das leistet das so genannte "morphische Feld", eine Energie abseits der bis jetzt erklärbaren Kräfte.
8. April 2017, 21:58
Jeder - oder sagen wir: fast jeder - kennt solche Erfahrungen: Man denkt an jemanden, und schon ruft er an. Man erinnert sich an weit entfernt lebende Menschen und erfährt später, sie seien gerade zu diesem Zeitpunkt in der Stadt gewesen. Oder: Man fixiert jemanden von hinten, und schon dreht sich der um. Auch ein Unfall oder der Tod eines nahestehenden Menschen wird oft über größere Distanzen hinweg wahrgenommen.
Als ich heimfuhr, beunruhigte mich plötzlich meine Entscheidung, nicht zu meiner Mutter zu fahren. Zuhause machte ich das Mittagessen, dann fuhr ich wieder zur Arbeit. Als ich so dasaß, hatte ich das Gefühl, als wenn meine Mutter mich zu sich zöge. Ich sah auf die Uhr, es war 14 Uhr 05. Kurz nach 16 Uhr wurde ich vom Krankenhaus angerufen, und man teilte mir mit, meine Mutter sei unerwartet am frühen Nachmittag gestorben, und zwar zwischen 14 Uhr und 14 Uhr 30.
Alles nur selektive Wahrnehmung?
Alles nur Zufall, sagen die Gegner des 1942 geborenen Naturwissenschaftlers Rupert Sheldrake. Auch unbewusstes Wissen, Wahrnehmungen im Randbereich der normalen Alltags-Aufmerksamkeit oder die so genannte selektive Wahrnehmung werden von den Skeptikern ins Treffen geführt. So hätte man den in der Stadt weilenden Bekannten aus den Augenwinkeln gesehen haben können, und auch der schlechte Gesundheitszustand der Mutter wäre an kleinen Anzeichen wahrscheinlich schon ablesbar gewesen.
Gerade mit dem Thema des Angestarrtwerdens hat sich Rupert Sheldrake in letzter Zeit besonders befasst:
Das Gefühl angestarrt zu werden stellt sich anscheinend auch über beträchtliche Entfernungen hinweg ein, zum Beispiel wenn der Betreffende durch ein Teleskop oder durch ein Fernglas beobachtet wird.
Erforschung von Alltagsphänomenen
Unter Überwachungsspezialisten ist bekannt, dass Menschen auch durch Einwegspiegel oder Fernseh-Überwachungsanlagen den beobachtenden Blick spüren. In langen Testserien stellte Rupert Sheldrake fest, dass Versuchspersonen nicht nur die Richtung, sondern auch die Entfernung des beobachtenden Menschen ganz unmittelbar und punktgenau erfassen.
Jede Wissenschaft, auch die abstrakteste, beginne mit der Erforschung von Alltagsphänomenen. Bei der Reise zu seinem letzten Buch mit dem Titel "Der siebte Sinn der Tiere" sammelte Rupert Sheldrake Geschichten über die tierischen Lebenspartner seiner Zuhörer: Hat Ihr Hund schon einmal eine Katstrophe vorausgeahnt, weiß Ihre Katze, wann Sie nach Hause kommen? Jetzt sucht der Forscher Berichte über so genannte paranormale Fähigkeiten von Menschen.
Wenn zum Beispiel das Gefühl des Angestarrtwerdens real ist, wie es den Anschein hat, dann stellt es einige der fundamentalen Doktrinen des Rationalismus in Frage. Es würde auf nichts Geringeres verweisen als auf ein neues Verständnis der Natur des Geistes.
Die ganz normale telepathische Kommunikation
Die telepathische Kommunikation zwischen Tieren und Menschen, zwischen Menschen und Menschen, ja sogar zwischen Dingen und Menschen wurde in vorindustriellen Kulturen als völlig normal angesehen. Als berühmtestes Beispiel gelten die australischen Aborigines, deren scheinbar paranormale Fähigkeiten heute besonders verklärt werden.
Auch bei uns spricht man vom "bösen Blick" oder davon, ein Ereignis "vorausgeahnt" zu haben. In den industriellen und nachindustriellen Gesellschaften scheinen viele der natürlichen Talente nicht mehr notwendig zu sein, denn wer braucht schon Gedankenübertragung, wenn er ein Handy hat?
Schlummernde Begabungen
Aber mit den einfachen Versuchsreihen des Rupert Sheldrake erkennt man ohne großen Aufwand die schlummernden Begabungen vermeintlich degenerierter Großstadt-Indianer.
Der Entdecker des "Morphischen Feldes" bremst jedoch übertriebene Erwartungen seiner Fans selbst ein: Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird das neue Buch von Rupert Sheldrake nicht beantworten, aber so manchen lohnenden Gedankenanstoß kann es sicherlich liefern.
Buch-Tipp
Rupert Sheldrake, "Der siebte Sinn des Menschen. Gedankenübertragung, Vorahnungen und andere unerklärliche Fähigkeiten", übersetzt von Michael Schmidt, Scherz Verlag 2003, ISBN: 3-502-15682-4
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