Kreuzfahrt nach Tahiti
Grabgeflüster - Liebe versetzt Särge
Sein Leben lang hat der Bestattungsunternehmer Boris in einer englischen Kleinstadt gewartet, um seine Jungendliebe doch noch zu erobern. Weil die aber verheiratet ist, greift Boris zu einem Trick: Ein Scheinbegräbnis der Angebeteten - und dann ab in den Süden.
8. April 2017, 21:58
"Britcoms" - unter diesem Schlagwort sind in den letzten Jahren höchst erfolgreiche Komödien aus Großbritannien weltweit in die Kinos gekommen. Immer wieder wurden darin hinlänglich bekannte Situationen entworfen, allerdings Kontexte und Figurenkonstellationen verfremdet.
Die Männer-Stripper-Komödie "Ganz oder gar nicht" drehte Geschlechterrollen um und der Streifen "Grasgefüster" machte aus einer gutbürgerlichen Witwe eine Marihuana-Gärtnerin. Nicht zufällig in Anspielung darauf, nennt der britische Regisseur Nick Hurran seinen Film "Grabgeflüster".
Scheinbegräbnis
Der Bestattungsunternehmer Boris Plotz (Alfred Molina) will seine - längst anderwärtig vergebene - Jugendliebe Betty (Brenda Blethyn) endlich für sich gewinnen. Doch entgegen üblicher Genre-Konventionen soll nicht deren Mann beseitigt werden, sondern Betty selbst als Scheintote den Weg zum gemeinsamen Glück ebnen.
Kurs: Kreuzfahrt nach Tahiti! Gesagt, getan. Doch als der Gatte der vermeintlich Verstorbenen eine offene Aufbahrung in der Kirche verlangt, geraten die Pläne durcheinander.
Groteskes Eigenbrötlertum
Regisseur Nick Hurran plädiert mit dieser Komödie für den Charme des grotesken Eigenbrötlertums und betont die sympathische Eigensinnigkeit der schrulligen Charaktere. Und hinter den Fassaden der genretypischen Kleinstadt-Idylle verstecken sich wieder einmal jede Menge Verlogenheiten. Da wird getratscht und verraten, betrogen und gelogen.
Mengenrabatte und Themenbegräbnisse
Als mäßig origineller Running-Gag zieht sich ein lokaler Konkurrenzkampf der Bestattungsunternehmer durch den gesamten Film. Längst ist Marketing auch im Totengräber-Business das Um und Auf.
Eine Ansicht, die der aus den USA stammende Bestatter Frank (Christopher Walken) durch geistreiche Innovationen untermauert. Mengenrabatte und Themenbegräbnisse sind der letzte Schrei auf Franks Angebotspalette. Wer will, kann sich sogar mit angespitzten Ohren und zu den Klängen des "Raumschiffs Enterprise" unter die Erde beamen lassen.
Standard-Humor
Der vermeintlich respektlose Umgang mit dem Tod gehört aber längst zum Standardrepertoire des viel zitierten schwarzen britischen Humors. Und zum Alltag in der Wirklichkeit sowieso.
Den heutigen Gewöhnungseffekten an Tabubrüche aller Art hat dieses "Grabgeflüster" also nur wenig entgegenzusetzen.
Grabgeflüster
(Plots with a view)
Großbritannien, USA, 2002
mit: Brenda Blethyn, Christopher Walken, Alfred Molina, Lee Evans, Naomi Watts
Drehbuch: Frederick Ponzlow
Regie: Nick Hurran