Wer legt wen aufs Kreuz?

Tricks

Mit seinem neuesten Film erweist sich der amerikanische Regisseur Ridley Scott als Meister eines genauen Erzählkinos.

Wer legt wen aufs Kreuz? Dieses altbekannte Motiv aus der Kinogeschichte hat auch Regisseur Ridley Scott in seinem neusten Film "Tricks" aufgegriffen. Wo Wünsche bestehen, die man sich mit ehrlicher Arbeit nicht erfüllen kann oder wo Menschen ihre Sinndefizite mit fragwürdigen Konsumverhalten verdrängen, da beginnt das Arbeitsfeld von Trickbetrügern. Roy (Nicholas Cage) und Frank (Sam Rockwell) sind zwei davon, die ihr Geschäft gut verstehen. Wären da nicht Roys Neurosen und Ticks, die das gemeinsame Unternehmen immer wieder gefährden.

Pizzaschachteln am Boden?

Von Anfang an zeichnet Regisseur Ridley Scott seine Hauptfigur als gebrochene Existenz. An Selbstmord hat er auch schon gedacht, gesteht Roy seinem Psychiater. Aber getan hat er es nicht, weil er sich vorstellen musste, welche Sauerei das wohl auf seinem Teppich anrichten würde.

Doch Sauberkeitswahn und Ordnungszwänge haben handfeste Hintergründe: Roy glaubt eine Tochter zu haben, die er nicht kennt. Dauert nicht lange, schon stellt sich Angela (Alison Lohman) vor. Grad mal 14, frühreif und vor allem die Schlampigkeit in Person. Pizzaschachteln am Boden und Kaffeeflecken in der Küche, für Roy eine grauenhafte Vorstellung. Aber noch mehr plagt ihn ein moralisches Dilemma: Wie soll er seiner Tochter erklären, womit er sein Geld verdient und zugleich an sie appellieren, auf der richtigen Seite des Gesetzes zu bleiben? Innere Zwänge und ihre äußeren Erscheinungsformen. Zumindest ein Etappenziel im Rätselraten ist erreicht.

Beziehungsturbulenzen

Ridley Scott balanciert seinen Film zwischen Charakterporträt, Kriminalplot sowie den amüsanten Beziehungsturbulenzen einer Vater-Tochter-Geschichte, wobei er sich durchaus innerhalb klassischer Genrekonventionen bewegt und dennoch stets um feine Nuancen darüber hinaus geht. Durch sorgfältige Beobachtung und zahlreiche formale Verfremdungseffekte in Kameraführung und Montage, die den neurotischen Gemütszustand der Hauptfigur nachvollziehbar machen, schafft Scott ein suggestives Naheverhältnis zwischen Kinozuseher und seiner Hauptfigur.

Geheimnis hüten

Im Vergleich zu Scotts letzten Großproduktionen wie "Gladiator", "Hannibal" oder "Blackhawk Down" bietet "Tricks" subtiles Erzählkino, das sein Geheimnis gut zu hüten versucht.

Auch wenn die Pointe, auf die der Streifen zusteuert, durchaus absehbar ist, bleibt Misstrauen aufrecht. Das kann noch nicht alles gewesen sein. Nicht bei Ridley Scott. Und Scott enttäuscht die Erwartungen nicht. Denn die eigentliche Pointe liegt noch eine Stufe weiter. Dass man dabei im Kino selbst ein wenig betrogen wird, dieses Gefühl wird man nie ganz los. Auch wenn man es überaus genießen kann.

Tricks
(Matchstick Men)
USA, 2003
mit: Nicolas Cage, Sam Rockwell, Alison Lohmann
Drehbuch: Nicholas Griffin, Ted Griffin
Regie: Ridley Scott